Die Gräber der Zwangsarbeiterkinder in Müllheim
Auf dem Alten Friedhof in Müllheim befinden sich am unteren Rand des Gräberfeldes für Soldaten, die im 2. Weltkrieg getötet wurden, Reihen von Steinplatten mit den Namen und Lebensdaten von Kindern, die in der Zeit unmittelbar nach Ende des 2. Weltkrieges dort beigesetzt wurden.
Um in Erfahrung zu bringen, welche kurzen Schicksale sich hinter den Namen verbergen haben sich Anne-Katrin Vetter und Uli Rodewald vom Friedensrat Markgräflerland an die Stadt Müllheim gewandt mit der Frage, über welche Unterlagen die Stadt über diese Grabstellen verfügt. |
Daraufhin haben wir Kopien von den Dokumenten erhalten, die über diese Gräber bestehen. Aus ihnen geht hervor, welche Kinder hier beerdigt wurden und woran sie gestorben sind. Aber nicht warum. |
Am 8. Mai 1945 endete der von den Nazis entfesselte 2. Weltkrieg. Deutschland wurde von der Anti-Hitler Koalition vom Faschismus befreit. Schon im April 1945 war die französische Armee ins Markgräflerland einmarschiert. Damit endeten für die vielen Tausende Zwangsarbeiter, die auch im Markgräflerland zu Fronarbeit gezwungen worden waren, ihre Qualen und Strapazen.
Die französischen Militärbehörden brachten die nun ehemaligen Zwangsarbeiter in der Müllheimer Kaserne unter und registrierte sie als "displaced persons". In Müllheim waren es rund 5000 Menschen. Ihr Gesundheits- und Ernährungszustand war zumeist schlecht.
Die auf dem Alten Friedhof in Müllheim 58 begrabenen Kinder starben an den unmittelbaren Folgen der Nazi-Herrschaft, unter der ihre Eltern kein menschenwürdiges Leben führen konnten. Unter diesen Verhältnisse starben viele Kinder in ihren ersten Lebenstagen oder -jahren. Auch noch nach dem 8. Mai 1945.
Der Friedensrat Markgräflerland hat es sich zur Aufgabe gemacht, alljährlich am 8. Mai - dem Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg - an die 58 Kinder zu erinnern, die noch nach Beendigung des Krieges seine Opfer wurden:
Niezapominajka! - Vergiss mein nicht!
"Wenn das Echo ihrer Stimmen verhallt, gehen wir zugrunde " Paul Eluard, französischer Dichter im Widerstand gegen die Nazis
Angaben der Todeszeiten ergänzt durch Einsicht in die Sterbelisten Stadtarchiv Müllheim - MÜ 1(VIII.6) 24.c |
Rede von Anne-Katrin Vetter vom Friedensrat Markgräflerland auf dem Alten Friedhof in Müllheimam 8. Mai 2015:
Du kleine Helena, du dunkelhaariger Josef, du stumme Irena, wieder ist ein Jahr vergangen! Viele alte Kriege bestehen fort,viele neue Kriege quälen die Menschen auf der ganzen Welt. Millionen Menschen sind auf der Flucht,kommen um, verhungern, werden ermordet, entführt, gequält.
Millionen Menschen sind ganz ohne Hoffnung und Hilfe,haben ihre Familienangehörigen verloren und sind allein – verlassen von der Welt. Ihr kleinen Kinder, Söhne und Töchter polnischer Menschen, Zwangsarbeiter während des Nazifaschismus, durftet nicht heranwachsen,weil Ihr durch die Folgen der Unmenschlichkeit der Nazis und ihrer Helfer umgebracht wurdet. Fast 70 Jahre nach Eurem Tod stehen wir wieder hier und erinnern an Euch und Euer Schicksal. Leider wissen wir so wenig über Euch. Aber eines wissen wir: Erinnern heißt handeln. Wir erneuern in unserem heutigen Gedenken an Euch unser Versprechen,unser Möglichstes dazu beizutragen, das Leid in dieser Welt etwas zu lindern. Indem wir uns für die Menschen und gegen Rassismus einsetzen! |
So berichtete der SWR über unsere Aktion 2016: ► Bericht des SWR Fernsehen über unsere Aktion zum Tag der Befreiung am 8. Mai in Müllheim |