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Rede Anne-Katrin Vetter am Hiroshima Tag 2020 in Müllheim

Anne-Katrin Vetter -

Rede am Hiroshima Tag 2020 in Müllheim

Die Atombombenabwürfe über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945 auf Befehl von US-Präsident Harry S. Truman führten zur Kapitulation Japans.
Nachdem der Zweite Weltkrieg in Europa bereits seit dem 8. Mai 1945 beendet war, endete er am 2. September auch in Asien.
Die Explosionen töteten über 200.000 Menschen unmittelbar.
Weitaus mehr starben an Folgeschäden wie Verbrennungen.
Spätschäden durch Strahlung reichen bis in die heutigen Generationen.
Hiroshima und Nagasaki wurden weltweit zu Symbolen für die Schrecken des Krieges und vor allem eines möglichen Atomkrieges.

Als 13-Jährige erlebte Setsuko Thurlow das Inferno in Hiroshima und erfuhr danach in Japan Diskriminierung und Ablehnung - erst recht, als sie begann, offen über die Bombe und die Folgen zu sprechen.

Die Bombe zerstörte Hiroshima nahezu komplett - für viele Überlebende ging der Horror weiter.

Sie war 1,8 km von Hiroshima entfernt, als am 6. August 1945 das Inferno losbrach. Sie war 13 Jahre alt und arbeitete mit ihren Klassenkameradinnen daran, in einem Armeehauptquartier Nachrichten zu entschlüsseln.

Sie sah einen blauweißen Blitz und hatte das Gefühl zu schweben, so erzählt die heute 83-jährige Überlebende die Geschichte selbst.

Das Nächste, an was sie sich erinnern kann:
Sie steckte unter Gebäudeteilen fest und konnte sich nicht bewegen.
Ein Soldat half ihr aus den Trümmern und schickte sie in die Richtung einer Hügelgruppe. Viele ihrer Mitschülerinnen blieben unter den Trümmern gefangen, wenig später brannte die Ruine. "Sie sind bei lebendigem Leib verbrannt", sagt Setsuko bis heute erschüttert.

Das verstörte Mädchen schloss sich einem Zug von Menschen an,
die sie gar nicht mehr als solche erkennen konnte.
Ihre Haare hätten zu Berge gestanden,
viele waren zur Unkenntlichkeit verbrannt,
hatten Körperteile verloren,
oder ihre Därme hingen aus ihrem offenen Bauch.

Sie kletterten über Tote und Sterbende.
Die Verletzten baten flüsternd um Wasser.
In Hiroshima selbst tobten Brände mit einer Temperatur von bis zu 4000 Grad Celsius, "die Menschen verdampften regelrecht".

Nach dem Horror der ersten Tage kamen die Strahlenfolgen.
Setsuko hat einen großen Teil ihrer Familie verloren.
Vater, Mutter und Schwester mit ihrem Baby starben sofort.
Eine Tante und ein Onkel kümmerten sich um das Mädchen,
aber nach zehn Tagen starben beide an den Folgen der Strahlung.
Sie seien von pinkfarbenen Flecken übersät gewesen, und ihre inneren Organe schienen sich verflüssigt zu haben.

Setsuko selbst hatte die Angst vor den Folgen der Strahlung ihr Leben lang verdrängt. In den ersten Jahren hatte sie ihren Körper, wie alle Überlebenden, nach pinkfarbenen Flecken abgesucht. Und als sie schwanger war, machte sie sich auch Gedanken. Aber sie hat die Angst weggeschoben.

Dass die japanische Gesellschaft die Hibakusha, die Überlebenden der Bombe, abgelehnt und diskriminiert hat, hat den Betroffenen das Leben noch schwerer gemacht. Viele hätten aufgrund der Strahlenschäden nicht so schnell arbeiten können wie andere, sagt sie.
Viele seien depressiv und lethargisch gewesen. Viele Japaner hätten daraus geschlossen: Sie sind faul und arbeiten nicht gerne.

Wer überlebt hatte, und vom Feuer nicht entstellt war, versuchte, aus Hiroshima und Nagasaki wegzukommen und anderswo ein neues Leben anzufangen, wo die Leute nichts von ihrem Überleben wussten.

Durch die Atombombenexplosion starben in Hiroshima mehr als 200 000 Menschen. 300 000 wurden verwundet oder erlitten schwerste Strahlenschäden. Und auch heute noch leiden zahlreiche Menschen in hohem Alter an den Spätfolgen. Sogar nachfolgende Generationen haben schwerste gesundheitliche Probleme. Der Schmerz der Hinterbliebenen und Verwandten ist ein bleibender, egal wie viele Jahre ins Land gehen.

Setsuko Maria Hattori war zur Zeit der Explosion der Atombombe in Hiroshima 15 Jahre alt. Ihr Appell an die Welt:
„Gegenwärtig verfügt die Welt, wie ich höre, über ein atomares Explosionspotential, das sich etwa auf das Millionenfache der Atombombe von Hiroshima beläuft. Als Atombombengeschädigte kann ich von Hiroshima aus nur betonen, dass die Bombe die Menschheit zu zerstören droht.
Was geschah denn am 6. August hier, was taten die Menschen da?
Wenn wieder ein solcher Krieg ausbricht, ist die Menschheit verloren.
Krieg zerstört alles, Frieden baut auf.
Auch in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen zerbricht das Vertrauen durch Hass und Streit.
Aber, wenn wir uns unserer Schwäche bewusst sind und einander helfen, kann Frieden aufgebaut werden.

Können wir etwas für den Frieden tun?
Ja, wenn jeder einzelne nachdenkt und beharrlich handelt.“

In der Mitte des letzten Monats brachte das Hiroshima-Büro des staatlichen Senders NHK eine Reportage, bei der Jugendliche im Friedenspark zu Wort kamen. Einer unter ihnen sagte:

"Ohne diesen Krieg wäre es auch nicht zum Abwurf der Atombombe gekommen. Kriege müssen um jeden Preis verhindert werden."

Im Friedenspark von Hiroshima sind folgende Worte in den Gedenkstein für die Opfer der Atombombenexplosion eingemeißelt:

"Ruhet in Frieden
  denn wir werden die Fehler nicht wiederholen"

 

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