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Rede Uli Rodewald Antikriegstag 2014

 
Liebe Freundinnen und Freunde,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Damen und Herren,

In diesem Moment, da ich zu Ihnen spreche, geschieht es, dass jemand ermordet wird. In einem Krieg.

Wir wollen beginnen mit einer Minute der Erinnerung an die Opfer der vergangenen Kriege. Den Toten der Kriege von gestern: 1914 - vor hundert Jahren - begannen die Oberen in Europa den 1. Weltkrieg, am 1. September 1939 - vor 75 Jahren - entfesselten die deutschen Faschisten den 2. Weltkrieg.

Wir wollen beginnen mit einer Minute des Gedenkens an die Opfer der gegenwärtigen Kriege. Den Toten, Verstümmelten, Vergewaltigten, Vertriebenen und Flüchtlingen. Krieg kennt keine Gewinner, Krieg kennt nur Opfer. Und es gibt nur Opfer, weil es Täter gibt. Wer über die Opfer von Kriegen spricht, darf über die Täter, die Kriegsbetreiber nicht schweigen.

 

In was für Zeiten leben wir:

Wer das Leid vergangener Kriege beklagt, wie kann der zur gleichen Zeit neue beginnen?

Wenn gegenwärtig Menschen wie Sie und ich sich versammeln, um für Frieden und friedliche Konfliktlösungen einzutreten, dann braucht es nicht lang, daß von uns als den Fundamentalpazifisten die Rede ist.

Niemand kommt auf die Idee, einen Metzger als Fundamentalmetzger zu bezeichnen, einen Busfahrer als Fundamentalbusfahrer, oder gar einen Soldaten als Fundamentalsoldaten. Ein Metzger ist ein Metzger, eine Lehrerin eine Lehrerin. Nur bei Pazifisten ist das anders. Da soll es Pazifisten und Fundamentalpazifisten geben.

Diese Unterscheidung ist nicht nur unsinnig. Sie soll  zugleich den Pazifismus überhaupt herabsetzen. Auf der einen Seiten die guten, die „gesunden“ Pazifisten.  Die immer für den Frieden sind, bis zum nächsten Krieg.

Und daneben die Fundamentalpazifisten. Das  sind die unbelehrbaren, die engstirnig verstockten, Leute, mit denen man einfach nicht reden kann, die nach wie vor im Krieg nichts Vernünftiges entdecken können.

Mit dieser Unterscheidung zwischen den „guten“ Pazifisten“ und den Fundamental- pazifisten soll verwischt werden, daß  „es nur eine Sorte Pazifismus gibt: den, der den Krieg mit allen Mitteln bekämpft. Jeder Pazifismus, der den Krieg für Petroleum, für Industrien, für Schutzzölle nicht rundweg ablehnt, ist überhaupt keiner. ... „Es lebt kein vollsinniger Kaufmann auf der Erde, der Milliarden und Milliarden in ein Geschäft hineinsteckt, das er niemals auszunutzen gedenkt. Das tut aber der Militarismus. Und es gibt so eine Art Naturgesetz: was man jahrelang, mit dem Aufwand der äußersten Geldanlagen, vorbereitet, das muß sich eines Tages von selbst auslösen. Geladene  Gewehre gehen einmal los....Auf die Lügen, als gäbe es so etwas wie einen richtigen und einen falschen Pazifismus, wollen wir nicht hereinfallen.“ Sagt Kurt Tucholsky.

Ich begrüße Sie zum Antikriegstag 2014 im Markgräflerland. Beendet die Kriege, den Hass, die Gewalt! Frieden jetzt! denn „hinter dem Frieden gibt es keine  Existenz mehr."(Gustav Heinemann)

Deshalb haben wir uns heute hier versammelt. Um für eine lebenswerte Welt zu demonstrieren. Um den Kräften der Zerstörung unsere Kreativität, unsere Kräfte des Aufbauens und der Verständigung entgegenzusetzen.

Militär und Rüstung zerstören schon heute. Ganz einfach durch ihre Existenz. Sie entziehen unserer Gesellschaft Mittel, die in vielen anderen Bereichen des Lebens fehlen. In den Schulen, den Alters- und Pflegeheimen, bei den Anstrengungen, die Zahl der arbeitslosen Menschen in unserem Land zu verringern. Allein in Müllheim sind in bauliche Vorhaben der Deutsch Französischen Brigade 200 Millionen € vergeudet worden, die übrigen Kosten dieser veralteten Einrichtung gar nicht gerechnet.


Krieg und Frieden sind keine abstrakten, unanschaulichen Begriffe. Krieg ist, wie der Frieden, konkret, faßbar, gegenständlich Im Krieg werden Menschen mit staatlicher Einwilligung ermordet, verletzt, vergewaltigt. Krieg ist, wenn einem Jungen der Dickdarm heraushängt, einem Mädchen das Auge herausläuft, einem alten Mann der Kopf zerschmettert wird.  Krieg ist Vernichtung menschlichen Lebens.

Das ist nicht nur im Krieg der Isis Banden so. Das  ist im jeden Krieg so. In Gaza, in Israel, in Syrien, im Irak, in Afghanistan, in Mali, In Zentralafrika und auch in der Ukraine ist das so. Egal wer ihn für welche vorgeblich so hehren Ziele führt.

“Ein Krieg kommt nicht aus dem blauen Himmel herab, er muß gleich jeder andern menschlichen Unternehmung vorbereitet werden, er bedarf der Pflege und Mitwirkung vieler, um möglich und wirklich zu werden.
Gewünscht aber, vorbereitet und suggeriert wird er durch die Menschen und Mächte, denen er Vorteil bringt.” Hermann Hesse

Sie werden von jenen gemacht, die sich aus diesen Kriegen Vorteile erwarten. Sei es finanzielle oder politische. Sie werden vorbereitet von großen Kapitalgruppen, sie werden vorbereitet von Politikern, die ihnen verbunden sind und die in Kriege eine Fortsetzung ihrer Politik sehen.

Viele haben nach 1990 gehofft, dass die Welt friedlicher werden würde. Stattdessen erleben wir gerade eine Explosion militärischer Gewalt mit zahllosen zivilen Opfern. Krieg und militärische Gewalt gelten wieder als normale Mittel der Politik. Wie selbstverständlich greifen Staaten und politische Gegner innerhalb von Staaten auf Waffengewalt zurück, um ihre Interessen durchzusetzen. Sie finden dafür viel zu leicht Unterstützung, sie können sich viel zu leicht mit Waffen versorgen und sie werden dafür zu oft mit internationaler Aufmerksamkeit belohnt.

Stattdessen brauchen wir politische Strukturen, die die Sicherheit und die Menschenrechte der Zivilbevölkerung vor diesen Kriegsparteien schützen; die die Rüstungsproduktion eindämmen und den Waffenhandel weltweit kontrollieren; die zivile und diplomatische Konfliktlösungen durchsetzen; die die finanzielle und wirtschaftliche Kraft der Kriegsparteien beschneiden und dafür sorgen, dass junge Männer und Frauen Arbeit finden, statt ihren Lebensunterhalt als Soldaten zu verdienen. Wer will ernsthaft behaupten, es sei schwieriger und teurer eine Region in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung zu fördern, als dort militärisch zu intervenieren?

Was wir heute erleben ist das völlige Versagen, das Scheitern einer Politik, die auf Kriege als Mittel der Konfliktlösung setzt. Wenn gewaltbereite Politiker gegenwärtig zivile Konfliktlösungen verunglimpfen und Friedensaktivisten als Zuschauer bei Völkermorden verleumden dann deshalb, weil sie vor dem Scherbenhaufen ihrer Politik stehen und nicht in der Lage sind, sich auf einen Neuanfang zu besinnen.

Wir treten ein für

- die Auflösung der Krisenreaktionskräfte, den Rückzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen, die zivile Nutzung von Militäranlagen und Rüstungsfabriken

- ein Europa, das sich dem Krieg verweigert, den Verzicht auf EU-Streitkräfte, eine demokratische, soziale und zivile EU-Verfassung anstelle der bislang geplanten kriegerischen Verfassung;

- ein Deutschland, ein Europa, eine Welt ohne Militär und Krieg braucht zunächst die Beendigung aller Waffenexporte, besonders in Krisengebiete

 - die Sicherung und Verteidigung sozialer Errungenschaften und Standards bei uns in Europa und eine gerechte Ordnung der Weltwirtschaft

Unsere Forderungen an uns und an die verantwortlichen Politker haben wir in einem Markgräfler Appell  zusammengefasst:

Bis zu den Markgräfler Friedenswochen im November wollen wir immer wieder aufs neue Politiker in Deutschland und der EU mit unseren Forderungen konfrontieren. Dazu brauchen wir Ihre Unterstützung:  Zeichnen Sie diesen Appell mit Ihrer Unterschrift. (Bald auch online)

 

Markgräfler Appell

FRIEDEN JETZT!

In Gaza. In der Ukraine. In Syrien. Im Irak. In Mali. In Afghanistan. … Überall.
Kriege schaffen nur Opfer. Um der noch Lebenden willen fordern wir:
Beendet die Kriege, den Hass, die Gewalt! Frieden jetzt!
In Gaza. In der Ukraine. In Syrien. Im Irak. In Mali. In Afghanistan. ... Überall.
Das Ende der Kriege ist die Voraussetzung für einen Neuanfang, der den Menschen eine Perspektive  für die Überwindung von Gewalt und nationalistischer Verhetzung gibt.
Hinter dem Frieden gibt es keine Existenz.


Wir verfügen in Deutschland über große Erfahrungen mit diesen Problemen.
Zweimal haben die Oberen in Deutschland Weltkriege angezettelt.
Das Leid der deutschen Menschen in diesen Kriegen war nicht geringer, weil sie Täter waren.

Es waren gerade diese leidvollen Erfahrungen, die zu der Erkenntnis geführt haben:
Nur lebendige Menschen können Frieden schaffen.
Nie wieder Krieg!


Wir laden Sie, die Bürgerinnen und Bürger dringlich ein:
Widersetzen Sie sich der kriegerischen Logik in der gegenwärtigen Politik!
Beteiligen Sie sich an den Aktionen der Friedensbewegung.
 

Von den für diese Entwicklung verantwortlichen Politikern Deutschlands und der EU  fordern wir:

„Das Leid der Menschen in den von Kriegen betroffenen Regionen ist unermesslich und muss jetzt beendet werden! Setzen Sie nicht auf immer neue Militärinterventionen. Haben Sie den Mut, sich zu korrigieren, und setzen Sie auf einen Neuanfang, der den Menschen eine Entwicklungsperspektive in Frieden bietet!“

FRIEDEN JETZT!

 

Ich wünsche Ihnen und mir, daß wir von unseren Aktionen im Markgräflerland und darüberhinaus Kraft und Zuversicht mitnehmen für unsere weitere Arbeit damit wir mit Tucholsky sagen können:

Unser Pazifismus (ist) so gesund wie in rotbackiger Junge. Er strahlt, er brüllt, er zappelt mit den Beinen, und wir wollen uns alle Mühe geben, das Kind zu schaukeln, ... Nun erst recht.“

 

► Download der Rede

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