9.3.2015, 7:30 Uhr in Frankfurt: Knapp 40 Bürgerinnen und Bürger versammeln sich vor einer Flüchtlingsunterkunft, entrollen Transparente vor dem Eingang. Das Ziel: Die Abschiebung einer Schutzsuchenden aus Äthiopien verhindern. Die Behörden hatten ihr angekündigt, dass sie heute nach Norwegen abgeschoben werden soll. Die 38jährige befürchtet, dass von Oslo aus eine Kettenabschiebung nach Addis Abeba folgen wird.
»Wenn ich dort den äthiopischen Behörden übergeben werden, werden sie mich einsperren oder Schlimmeres machen«, sagt sie. Vor mehr als fünf Jahren sei sie aus Äthiopien geflohen. »Ich war in der Oppositionsbewegung „Ginbot 7“ aktiv. Wir haben Flugblätter gegen die Regierung verteilt und uns für Menschenrechte eingesetzt. Als ich erfuhr, dass sie mich verhaften wollen, floh ich nach Norwegen«. Menschenrechtsorganisationen berichten, dass Regierungskritiker in Äthiopien regelmäßig inhaftiert und oft ohne Anklage und Kontakt zu Angehörigen festgehalten werden. I mmer wieder werden Oppositionelle in Haft gefoltert.
Doch Norwegen lehnte ihren Asylantrag ab, berichtet die Oppositionelle: »Ich hatte keine Papiere, konnte nicht zum Arzt und auch nicht arbeiten. Damit ich nicht abgeschoben werde, bin ich dann im Herbst letzten Jahres nach Deutschland gekommen«. Ihr Problem: Aufgrund der Dublin-III-Verordnung, werden Flüchtlinge in den Staat des ersten Asylantrags zurückgesendet. Ihr wurde die Rücküberstellung nach Norwegen angekündigt.
Über eine SMS-Kette hatte die Initiative »Hierbleiben« daher kurzfristig zu einer Blockade aufgerufen. »Diese Dublin-Abschiebungen sind unmenschlich. Besonders gefährlich ist, dass einer kranken Frau die Kettenabschiebung in den Verfolgerstaat Äthiopien droht“, erklärte ein Sprecher der Initiative. »Leider gibt es momentan einige Flüchtlinge, denen eine Abschiebung aus Frankfurt droht. Wir wünschen uns darum, dass sich noch mehr Menschen an unseren Aktionen beteiligen. Wer mitmachen will, kann uns gerne eine E-Mail an vga(at)antira(dot)info senden«.
Um 10:30 Uhr war schließlich klar: Die Abschiebung findet nicht statt. »Ich hätte nie gedacht, dass so viele Menschen nur wegen mir kommen. Ich bin allen unendlich dankbar«, sagte die Äthiopierin. Doch zunächst wurde nur Zeit gewonnen – schon bald könnte ein erneuter Abschiebungsversuch stattfinden.