Eines der Schlafzimmer der Kinder in Izieu
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Während die Kinder gerade dabei sind ihr Frühstück einzunehmen, erscheinen vor der Kinderkolonie ein Wehrmachtskommando in zwei Lastwagen, die in Belley beschlagnahmt worden sind und ein Wagen der Gestapo von Lyon, auf Befehl von Klaus Barbie. Die fünfundvierzig Kinder und die sieben Erwachsenen, die sich um die Kinder kümmern, werden brutal verhaftet. Nur Léon Reifman gelingt es, zu flüchten, indem er aus dem Fenster springt. Die benachbarte Bauernfamilie Perticoz hilft ihm anschließend, sich zu verstecken.
Eusèbe Perticoz ist zu Hause und wird von den deutschen Soldaten daran gehindert, das Haus zu verlassen. Sein Arbeiter, Julien Favet, wohnt der Verhaftung machtlos bei. Die Kinder und die Erwachsenen werden in die Lastwagen geworfen. |
„[…] Und als ich die Lastwagen sah, hat mich […] eine Sache erschüttert. […] Die Älteren, die, die 10 bis 12Jahre alt waren, versuchten von der Ladefläche des Lastwagens runterzuspringen, und sofort wurden sie von zwei Deutschen wieder zurückbefördert. Die packten sie und warfen sie wieder hinauf, wie Kartoffelsäcke, wie gewöhnliche Säcke […] Als sie wieder drin waren, empfang sie ein anderer mit Fußtritten […] Ich habe Herrn Zlatin, den Heimleiter gesehen, wie er von der Bank des Lastwagens aufgestanden ist und meinem Chef, der in seiner Tür stand, zugeschrien hat: “Herr Perticoz, verlassen Sie nicht das Haus, bleiben Sie ja wo sie sind !” Und da hat ihm ein deutscher Soldat mit aller Wucht sein Maschinengewehr in den Bauch gerammt und ihm heftig gegen das Schienbein getreten. Der Stoß mit dem Gewehr hat ihn zu Boden geworfen, er musste sich in den Lastwagen legen und dann habe ich ihn nicht mehr gesehen.“
Zeugenaussage von Julien Favet beim Prozess von Klaus Barbie, bei der Anhörung vom 27. Mai 1987 |
Am 6. April 1944 unterzeichnet Klaus Barbie, Leiter der Gestapo von Lyon, ein Fernschreiben über die Verhaftung und die Deportation nach Drancy von 44 jüdischen Kindern und 7 Erwachsenen
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Reinhard Mey
Die Kinder von Izieu
Sie war‘n voller Neugier, sie war‘n voller Leben,
Die Kinder, und sie waren vierundvierzig an der Zahl.
Sie war‘n genau wie ihr, sie war‘n wie alle Kinder eben
Im Haus in Izieu hoch überm Rhonetal.
Auf der Flucht vor den Deutschen zusammengetrieben,
Und hinter jedem Namen steht bitteres Leid,
Alle sind ganz allein auf der Welt geblieben,
Aneinandergelehnt in dieser Mörderzeit.
Im Jahr vierundvierzig, der Zeit der fleiß‘gen Schergen,
Der Spitzel und Häscher zur Menschenjagd bestellt.
Hier wird sie keiner suchen, hier oben in den Bergen,
Die Kinder von Izieu, hier am Ende der Welt.
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Joseph, der kann malen: Landschaften mit Pferden,
Théodore, der den Hühnern und Küh‘n das Futter bringt,
Liliane, die so schön schreibt, sie soll einmal Dichterin werden,
Der kleine Raoul, der den lieben langen Tag über singt.
Und Elie, Sami, Max und Sarah, wie sie alle heißen:
Jedes hat sein Talent, seine Gabe, seinen Part.
Jedes ist ein Geschenk, und keines wird man denen entreißen,
Die sie hüten und lieben, ein jedes auf seine Art.
Doch es schwebt über jedem Spiel längst eine böse Ahnung,
Die Angst vor Entdeckung über jedem neuen Tag,
Und hinter jedem Lachen klingt schon die dunkle Mahnung,
Daß jedes Auto, das kommt, das Verhängnis bringen mag.
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Am Morgen des Gründonnerstag sind sie gekommen,
Soldaten in langen Mänteln und Männer in Zivil.
Ein Sonnentag, sie haben alle, alle mitgenommen,
Auf Lastwagen gestoßen und sie nannten kein Ziel.
Manche fingen in ihrer Verzweiflung an zu singen,
Manche haben gebetet, wieder andre blieben stumm.
Manche haben geweint und alle, alle gingen
Den gleichen Weg in ihr Martyrium.
Die Chronik zeigt genau die Listen der Namen,
Die Nummer des Waggons und an welchem Zug er hing.
Die Nummer des Transports mit dem sie ins Lager kamen,
Die Chronik zeigt, daß keines den Mördern entging.
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Heute hör‘ ich, wir soll‘n das in die Geschichte einreihen,
Und es muß doch auch mal Schluß sein, endlich, nach all den Jahr‘n.
Ich rede und ich singe und wenn es sein muß, werd‘ ich schreien,
Damit unsre Kinder erfahren, wer sie war‘n:
Der Älteste war siebzehn, der Jüngste grad vier Jahre,
Von der Rampe in Birkenau in die Gaskammern geführt.
Ich werd‘ sie mein Leben lang sehn und bewahre
Ihre Namen in meiner Seele eingraviert.
Sie war‘n voller Neugier, sie war‘n voller Leben,
Die Kinder, und sie waren vierundvierzig an der Zahl.
Sie war‘n genau wie ihr, sie war‘n wie alle Kinder eben
Im Haus in Izieu hoch überm Rhonetal.
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