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"Zigeuner Toni" - Anton Winter, der Auschwitz überlebte

Dies ist die Geschichte von Anton Winter, genannt "Zigeuner Toni". Seine Famile wurde von den Nazis ermordet, weil sie Sinti waren.

Ab und zu sind wir auf Tour. Wir spüren Vergangenem nach und spüren Neues auf.
Manchmal sind wir aber auch unterwegs, um einfach eine Auszeit zu haben. Und doch - auch in diesen Momenten treffen wir auf Geschehnisse, denen wir nachspüren müssen. Denn sie sind Teil unserer Geschichte und unseres Lebens." Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen."

Über Pfingsten nahmen wir uns eine Auszeit am Hohentwiel, diesem Vulkanberg mit seiner Festung bei Singen. Bei einem unser vorigen Besuche waren wir auf einen Bericht über Anton Winter in einer lokalen Zeitung gestoßen. Bei unserem jetzigen Aufenthalt wollten wir genauer schauen, was es mit der Geschichte von Anton Winter auf sich hat. Wir stießen auf die Geschichte eines Menschen aus Singen, dessen Familie ermordet von den Nazis wurde, weil sie Sinti waren.

Anton Winter gehörte zu den zwei Sinti Familien, die bis 1943 in Singen wohnten. Johann Winter und seine Ehefrau Philippine lebten seit 1926 in Singen in der Duchtlingerstraße 13. Sie wohnten mit ihren Kindern in einem Wohnwagen und einem selbst errichteten, kleinen Haus, um das sie bei der Stadt Singen lange kämpfen mussten. Johann Winter bestritt den Lebensunterhalt für seine Familie als reisender Händler und trat als Musiker in Gasthäusern auf.

Anton Winter gehörte zu den zwei Sinti Familien, die bis 1943 in Singen wohnten. Johann Winter und seine Ehefrau Philippine lebten seit 1926 in Singen in der Duchtlingerstraße 13. Sie wohnten mit ihren Kindern in einem Wohnwagen und einem selbst errichteten, kleinen Haus, um das sie bei der Stadt Singen lange kämpfen mussten. Johann Winter bestritt den Lebensunterhalt für seine Familie als reisender Händler und trat als Musiker in Gasthäusern auf.

 

 

Der älteste Sohn, Anton Winter, war in Singen bei der Fa. Fahr, Landmaschinen, bei der Seilfabrik Beck und Co . und bei der Brauerei Bilger in Gottmadingen beschäftigt.

1933 wurden die Nazis an die Macht gehievt. Waren die Winters schon vorher rechtlos, unter den Nazis waren sie vogelfrei.

Als Anton Winter im August 1942 heiraten wollte und das Aufgebot bestellte, wurde über die Kriminalpolizei Karlsruhe für ihn und seine künftige Ehefrau Luise Köhler ein Gutachten der Rassehygienischen Forschungsstelle des Reichsgesundheitsamtes angefordert. In diesem Gutachten vom 17. September 1942 stand geschrieben, dass sowohl Anton Winter als auch Luise Köhler, „ … als Zigeunermischlinge mit vorwiegend zigeunerischem Blutsanteil zu gelten haben“.

Am Abend des 23. März 1943 fuhr in einer Überraschungsaktion ein Lastwagen vor dem Anwesen Duchtlinger Straße 13 vor. Beamte der Gestapo und der Polizei verhafteten Familienoberhaupt
Johann Ferdinand Winter, Ehefrau Philippine, die Kinder Anna, Karl-David und Anton nebst Ehefrau
Luise und den Kindern Willi Xaver und Lothar.
Nach einer Nacht im Gefängnis brachten die Beamten die Familie zum Bahnhof.

Am Morgen des 24. März 1943 startete in Radolfzell ein Zug, der an fast jedem Bahnhof Sinti und Roma aufnahm. Nach einem Erlass von Reichsführer SS Heinrich Himmler sollten alle „Zigeuner“ in Lagern konzentriert und letztlich getötet werden. Der Zug aus Radolfzell kam laut Fahrplan am 27.
März 1943 um 15.01 Uhr mit 514 Männern und Frauen im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau an.

Deportationsbahnhof Radolfzell. Zwischenhalt eines Truppentransports der Wehrmacht(?), Fotografie um 1940. Sammlung Markus Wolter

 

► Radolfzell war 1943 der Startbahnhof für einen durchgehenden Deportationszug nach Auschwitz.

Anton Winter erreichte Singen wieder am 4. Juni 1945. Nach und nach kehrten seine Frau und weitere Geschwister zurück.

Luise und Anton Winter kehrten nach Singen zurück, nachdem sie mehr als zwei Jahre in verschiedenen Konzentrationslagern gefoltert und gequält wurden

 

Etwa 1956 reisten Radio-Redakteure an den Tannenberg zu Familie Winter und notierten, wie die „Zigeuner“ am abendlichen Lagerfeuer „stundenlang mit leuchtenden und lebhaften Gesichtern wundervoll erzählen“. Reporter Georg Basner sagte: „Ich werde die Juninacht zwischen dem Hohentwiel und dem Hohenkrähen nie vergessen und fast wäre ich in eine romantische Stimmung gekommen.“
Die lachenden Gesichter der Familie Winter zeigten nach außen eine vordergründig glückliche Fassade, die mit jedem Jahr mehr zerbrach am Höllenfeuer der Erinnerung.
In Auschwitz-Birkenau arbeitete Anton Winter im Sonderkommando und schleppte die Körper der Ermordeten in die Öffnungen der Krematoriums-Öfen. Zuvor brachen die Männer auf Befehl die Goldzähne aus den Gebissen der Toten zur weiteren Verwertung. Die SS tötete die Mitglieder der Sonderkommandos regelmäßig, um die Zeugen zu beseitigen. Als Anton Winter an der Reihe war, stellte sich ein Prominenter – so hießen die privilegierten Häftlinge – schützend vor ihn und sagte, Winter sei sein bester Arbeiter. Vier Stunden stand Anton Winter vor dem Feuerofen, bis aus Berlin ein positiver Bescheid kam. Er musste weiterleben.

Die traumatischen Erlebnisse der Sinti-Familie interessierte niemanden. Die Betroffenen mussten sich ohne Hilfe um ihre Zukunft kümmern. Der Rassismus gegenüber den Sinti blieb.

Das Landesamt für Wiedergutmachung schrieb noch 1962 über Anton Winter: „Darüber hinaus sind wir der Meinung, daß man bei einer nervenfachärztlichen Beurteilung des Klägers die rein rassisch und damit ander[s]geartete seelische Konstitution eines Zigeuners nicht außer acht lassen darf.“

(Schilderung nach Axel Huber, Auf Auschwitz folgt das Höllenfeuer der Erinnerung" Südkurier, 27. Januar 2018)

Wir haben uns auf die Suche gemacht nach der Durchlinger Str. 13 in 78224 Singen. 2019 war angekündigt worden, es solle eine Gedenkstätte in Singen errichtet werden. Wir haben sie nicht gefunden.
Gefunden haben wir nach längerem Suchen die Duchtlinger Str. 13. Nach einem Hinweis eines in unmittelbarer Nähe ansässigen Singeners. Der kannte die Geschichte von Anton Winter und wies uns den Weg zum Haus vom "Zigeuner Toni".

Das sich heute so darstellt:

So stellt sich die ehemalige Wohnstatt der Winters heute dar: Der Vergessenheit überstellt.

 

► Bemühungen, diese Menschen nicht zu Vergessen sind hier zu finden

► Der "Südkurier" berichtete so über das Leben von Anton Winter und seiner Familie

 

Das "Wochenblatt" in Singen widmete diesen Artikel den Winters. Und brachte es fertig, auf der gleichen Seite eine Werbeanzeige für die faschistische AfD zu schalten

 

► Und Wirklichkeit in Singen ist auch dies:
In Singen (Kreis Konstanz) ist offenbar ein zweites Kind, das der nationalen Minderheit der Sinti angehört, Opfer von Beleidigungen durch die Polizei geworden. Das teilte der Landesverband Deutscher Sinti und Roma mit.

Der Fall steht im Zusammenhang mit einem Übergriff auf einen elfjährigen Sinto Anfang Februar. Er soll damals von Singener Polizeibeamten beleidigt und in Handschellen abgeführt worden sein. Am Montag hat ein Richter zu dem Vorfall Zeugen befragt. Dabei kam laut dem Landesverband Deutscher Sinti und Roma ans Licht, dass einer der Polizisten kurz vor dem Vorfall mit dem Elfjährigen ein weiteres Kind beleidigt haben soll. Zudem habe es einen Handyanruf des Vaters nicht entgegennehmen dürfen. Der Rechtsanwalt der Familie des Kindes hat Strafanzeige gestellt.

 

 

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