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Die Ehre der Barbara Graf

Das ist die Geschichte der

"Entziehung des an Frau Barbara Graf verliehenen Mütterehrenkreuzes  Stufe I". 

2 Jahre und fast 4 Monate hat es gedauert, bis die Nazis sich dafür rächen konnten, daß Barbara Graf von Sulzburg, früher in Eschbach, nach München ins Braune Haus gereist ist, angetan mit dem goldenen Ehrenkreuz und dort versuchte, ihren Sohn Peter vor dem Erschießen zu retten.

Eine schmale Akte liegt im Staatsarchiv Freiburg. Unter „Generalia. XXI- Orden und Auszeichnungen" ist vermerkt:“

Verleihung des Mütterehrenkreuzes, hier:
Antrag auf Entziehung des an Frau Barbara Graf verliehenen Mütterehrenkreuzes Stufe 1

Dieses Schicksal verbirgt sich dahinter.

1940 stellt Barbara Graf, geborene Rogg, geboren am 12.2.1898 in Fürth/Hessen, tätig als Händlerin, wohnhaft in Eschbach, Hauptstr.89, im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit, bei der Gemeinde Eschbach einen „Antrag auf Verleihung des Ehrenkreuzes für kinderreiche Mütter.“

Barbara Graf ist Mutter von 16 Kindern, 3 von ihnen verstarben, eines kurz nach seiner Geburt, ein Junge, der den Namen Adolf trug.

Das staatliche Gesundheitsamt in Müllheim erhebt gegen die Verleihung keine Einwände, der Kreisleiter der NSDAP, der berüchtigte ► Hugo Grüner , erklärt sich damit einverstanden, dass „der Antrag auf Verleihung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter gestellt wird.“ Am 14. März 1941 erklärt der Landrat in Müllheim, „dass die Voraussetzungen für die Verleihung des Ehrenkreuzes Stufe1 vorliegen. Verleihung desselben wird befürwortet.“

Und Barbara Graf erhält das goldene Mütterehrenkreuz.

Das Mutterkreuz

Das ►"Ehrenkreuz der Deutschen Mutter" (Mutterkreuz) wurde 1938 als Auszeichnung in Form eines Ordens von der NSDAP gestiftet. Es sollte eine ähnliche Funktion für die Mütter erfüllen wie das Eiserne Kreuz für die Soldaten, indem es einen Ehrenplatz in der Volksgemeinschaft symbolisierte. Die kinderreiche Mutter wurde für ihren Einsatz von "Leib und Leben" bei der Geburt und Kinderaufzucht ausgezeichnet. Adolf Hitler, in dessen Namen die Ehrung verliehen wurde, bezeichnete die Mutterschaft demgemäß als das "Schlachtfeld" der Frau. Nur wenige Mütter lehnten die Verleihung ab.

Aber mit Datum vom 17. Juli 1942 , stellt derselbe NSDAP Kreisleiter Grüner den Antrag, „ dieses Mütterehrenkreuz bei der Frau Graf einzuziehen.“

Denn inzwischen hat sich etwas für die Nazis Unfassbares ereignet:

Am 8.Mai 1942 wurde Barabara Grafs ältester Sohn Peter "durch Gericht der 215. Inf.Div.St.L.Nr.96/42 ...wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilt." Als Barbara Graf davon erfuhr, "ist sie nach München ins Braune Haus gereist, angetan mit dem goldenen Ehrenkreuz, und hat dort Aussetzung der Vollstreckung um 8 Tage erwirkt."

Welch Mut dieser Frau.

Das "Braune Haus" in München war die Parteizentrale der NSDAP. Ab 1933 wurden im Keller des ‚Braunen Hauses‘ politische Gegner gefangen gehalten und gefoltert. Als Barbara Graf vom Todesurteil gegen ihren Sohn erfährt, fährt sie in die Nazi Zentrale, legt das goldene Mütterkreuz an, vielleicht in der trügerischen Hoffnung, damit die Nazis zu beindrucken und setzt sich für das Leben ihres Kindes ein.

Retten kann sie ihr Kind nicht. Sie erwirkt zwar eine Aussetzung des Todesurteils gegen ihren Sohn um 8 Tage. Aber das Urteil gegen Peter Graf  wird am 3. Juli 1942 in Riga vollstreckt.

Dieses Eintreten für das Leben ihrers Sohnes, das Barbara Graf dazu bringt, die Entscheidungen der Nazis nicht bloß hinzunehmen, sondern sich ihnen zu widersetzen, führt  zu einem mehr als zwei Jahre andauernden Prozeß der Drangsalierung und Verleumdung der Famile Graf durch die Nazis.

Am 17. Juli 1942 wendet sich der  NSDAP Kreisleiter Grüner in einen Brief an den Landrat :

"Ich bekam von der Gauinspektion den Auftrag, Erhebungen über die Familie anzustellen, dabei stellte sich heraus, dass der Herr Graf schon im Weltkrieg fahnenflüchtig war und wegen Messerstecherei vorbestraft ist. Sein Bruder hat eine lange Strafliste. Ein Bruder des jetzt erschossenen Graf, ungefähr 16 bis 17 Jahtre alt, kam wegen Diebstahl und sittlicher Verkommenheit vor die Jugendstrafkammer.Der Gendarmeriebeamte H. aus Heitersheim kennt die Familie Graf sehr genau und ist in der Lage, weiteren Aufschluß zu geben."

 

Dem kommt der Meister der Gendarmerie dann auch mit Datum vom 29. Juli 1942  sehr ausführlich auf 4 Seiten nach und weiß zu berichten:

"Bei der Familie Peter Graf, früher in Eschbach, jetzt in Sulzburg wohnhaft, handelt es sich um eine Zigeunerfamilie (im Original unterstrichen), die mit einem Wohnwagen im Lande umher zogen und ihr Wandergewerbe ausübten."

Auch die Eltern seien Zigeuner gewesen, so der Gendarmeriebamte weiter, die 1926 in Eschbach ein kleines Wohnhäuschen erworben hätten. Die junge Famile Peter Graf habe sich 1932 in Eschbach sesshaft gemacht. "Von hieraus sind sie dann immer täglich mit ihrem Wohnwagen ausgefahren und haben ihr Wandergewerbe ( Schirmflicken, Lumpen und alt Eisen sammeln, sowie Scheren schleifen) ausgeübt. Hierbei haben sie ihre erwachsenen Kinder in Eschbach zurück gelassen und die kleinerern mit auf die Reise genommen. Die Kinder, die in Eschbach zurück gelassen wurden, sind dann sich selbst überlassen und von den Nachbarn und den Bürgerr aus Eschbach abhängig gewesen. Hierbei haben sie gebettelt und auch gestohlen, worüber in den ersten Jahren öfters Klage geführt wurde."

Die weitere Charakterisierung der Familie Graf folgt nun den gängigen Vorurteilen gegenüber "Zigeunern".

Peter Graf sen. wird beschrieben als "arbeitsscheu", er habe sich im letzten Krieg der Fahnenflucht schuldig gemacht und sei - wie auch sein Bruder -  wegen verschiedener Delikte vorbestraft.

Bei der Ehefrau Graf seien allerdings " keine Strafen festzustellen, wenigsten keine gerichtlichen." Im Monat März 1942 wurde sie allerdings "wegen Hausieren ohne Wandergewerbeschein beim Landratsamt Müllheim zur Anzeige gebracht."

Der Sohn Anton - von ihm wird noch zu berichten sein - habe in Badenweiler eine Uhr gestohlen, als er seinen Vater dort im Scherenschleifergewerbe unterstützte. Von seinem Vater deswegen zur Gendarmerie gebracht, sei Anton Graf  in einem unbewachten Augenblick aus dem Fenster gesprungen.

Weiter wird nun über den 16 jährigen Anton Graf berichtet: Er habe Liebesverhältnisse zu  zwei älteren Frauen, darüber sei beim Jugendamt Müllheim Meldung gemacht worden. Daraufhin sei dem Anton Graf bei der Dampfsäge in Sulzburg feste Arbeit zugewiesen worden, er habe aber nur gearbeitet, wann er wollte. " Eines Tages ging sein Vater Peter Graf auf das Arbeitsamt Müllheim und hat es dort fertig gebracht, dass sein Sohn Anton die Arbeitsstelle in der Dampfsäge in Sulzburg aufgeben durfte, weil er ihn in seinem Lumpenhandel untertstützen mußte."

Wegen des Uhrendiebstahls wurde Anton Graf zu 4 Wochen Jugendarrest verurteilt, die er in Kenzingen verbüßen sollte. Dort flüchtete er nach 14 Tagen und wurde in Badenweiler aufgegriffen.

Kaum wieder in das Gefängnis in Kenzingen gebracht, "ist Graf wieder erneut ...ausgebrochen und flüchtig geworden."

Wie Anton Grafs Lebensweg endet, davon später.

Das heutige Gefängnis in Kenzingen

Der Gendarmeriemeister aus Heitersheim kommt zu dem Schluß: " Es handelt sich bei der Familie  Graf zweifellos um eine asoziale Famile, die fortgesetzt mit den Strafgesetzen, der Polizei und den Behörden in Konflikt gerät, deren Familienmitglieder arbeitsscheu sind und keine feste Arbeiten annehmen wollen. ... Auf keinen Fall sind die Eltern Peter Graf jg. und seine Frau Barbara, geb. Kopp, die jetzt in Sulzburg wohnhaft sind in der Lage, einen geordneten Haushalt zu führen und ihre Kinder zu anständigen brauchbaren Volksgenossen zu erziehen."

Dem Bericht des Gendarmerieposten wurden einige Schriftstücke des Bürgermeistamts Eschbach beigefügt. Darunter ein Brief  des Bürgermeisters von Eschbach vom 20. Januar 1935 an den Bezirksfürsorgeverband in Staufen. Darin wird die Befürchtung geäußert, daß "hier eine Zigeunersiedlung entsteht, die ausschließlich der öffentlichen Fürsorge und der Gemeinde zur Last fallen wird. Wir bitten von dortiger Stelle überprüfen zu wollen, ob keine Möglichkeit besteht, einer Vergrößerung der Familie durch Sterilisation entgegenzutreten."

Weiter Mahlen die Nazi - Mühlen. Langsam, ordentlich, unerbittlich.

Am 12. September 1942 wendet sich der Landrat an die NSDAP Kreisleitung in Müllheim und fordert von dieser eine eingehende Begründung für den Antrag auf Entziehung des Mütterkreuzes, da seinerzeit von der NSDAP keine Einwände gegen die Verleihung vorgebracht wurde.

Am 8. Dezember 1942 antwortet der NSDAP Kreisleiter Grüner auf diesen Vorhalt: "Wenn Sie in Ihrem  Schreiben vom 12.9.42 anführen, daß die von mir für die Entziehung des Ehrenkreuzes angegebenen Gründe schon bei der Verleihung bekannt gewesen sein müßten, so kann ich nur erwideren, daß die Zustände in der Familie Graf wohl dem Landratsamt, nicht aber der Kreisleitung in vollem Umfange bekannt waren. ... Erst die in den letzten Monaten durchgeführte Untersuchung hat ergeben, daß Peter Graf schon im Weltkrieg fahnenflüchtig war, verschiedentlich vorbestraft und auch sein Bruder eine lange Strafliste hat.

Den Beweis, daß von der Familie Peter Graf nichts Gutes zu erhoffen ist, haben zwei Söhne dieser Familie selbst erbracht. Anton Graf mußte wegen Diebstahls und sittlicher Verkommenheit .... in eine Erziehungsanstalt verbracht werden. Der älteste Sohn wurde im Mai ds.Js. wegen Fahnenflucht von der Wehrmacht erschossen. Bei der Verleihung des goldenen Mütterehrenkreuzes an Frau Graf waren die letztgenannten Umstände nicht vorauszusehen. ... . Die Familie Graf in Sulzburg muß als asozial angesehen werden. Frau Graf ist demnach nicht würdig, das Mütterehrenkreuz zu tragen."

So augestattet stellt der Landrat am 19. Dezember 1942 beim badischen Minister des Innern den "Antrag auf Entziehung des Ehrenzeichens der deutschen Mutter für Barbara Graf."

Peinlichst ist der Landrat darauf bedacht zu zeigen, daß bei der Bewilligung des Mütterehrenkreuzes für Barbara Graf durch das Landratsamt und der NSDAP Kreisleitung keine "Fehler" gemacht wurden.

Die Kinder der Frau Graf seien "erbgesund", heißt es, die Ehegatten seien zum Zeitpunkt der Verleihung des Mütterehrenkreuzes nicht vorbestraft gewesen, deutscher Abstammung und die Famile nicht als asozial zu bezeichnen, "obwohl sie in früheren Jahren wie Halbzigeuner in Ausübung ihres Gewerbes als Altmaterialsammler im Land herumgezogen sind. ...Sowohl der Ehemann als auch die Ehefrau Graf besassen hierfür den erforderlichen Wandergewerbeschein."

Demgegenüber - so der Landrat - zeigten "die auf grund des Entziehungsauftrages der Kreisleitung gemachten Erhebungen folgendes Ergebnis:

Dem Ehemann Graf wurde 1935 das beantragte Ehrenkreuz für Weltkriegsteilnehmer verweigert, weil er sich 1916 unerlaubt von seiner, in Stellung gehenden Truppe entfernt. Der älteste Sohn Peter der Familie Graf soll im  Mai 1942 wegen Fahnenflucht von der Wehrmacht erschossen worden sein, während der am 21.7.1926 geborene Sohn Anton inzwischen nach Verurteilung wegen Diebstahls in Fürsorgeerziehung genommen werden mußte. Bei den weiteren Erhebungen ergab sich, dass die Familie Graf nicht in der Lage ist die heranwachsende Jugend zu ordentlichen Staatsbürgern zu erziehen und die gewährten Kinderbeihilfen zweckentsprechend für ihre Kinder zu verwenden. Der Antrag der NSDAP in Müllheim auf Entziehung des s. Zt. verliehenden Ehrenzeichens der deutschen Mutter erscheint daher begründet."

Am 12. März 1943 fordert das Ministerium des Innnern nochmals zusätzliche Unterlagen an.

So soll u.a. der Eschbacher Bürgermeister darlegen, ob er keine Kenntnis von den Vorgängen hatte, die zur Versagung des Wandergewerbescheines für Barbara Graf führten.

Dazu der Bürgermeister am 17. April 1943: "... von einer Antragsstellung auf Entziehung des Wandergewerbescheines (war) nichts bekannt, da dies von der Gendarmerie beantragt wurde. Der Antrag auf Verleihung des Ehrenkreuzes für die Genannte wurde ohne Stellungnahme meinserseits weitergeleitet, da meinen früheren Beschwerden und Ausführungen bei allen Stellen keine Berücksichtigung fanden. Ich habe angenommen, dass das Landratsamt selbst die ablehnende Entscheidung trifft."

Zusammenfassend antwortet das Landratsamt dem Minister des Inneren am 5. Mai  1943:

"Nachdem ... das Staatliche Gesundheitsamt in Müllheim bestätigt hatte, dass keine Ablehnung des Antrages Anlass gebende Tatsachen bekannt sind und der Kreisleiter der NSDAP in Müllheim dem gestellten Antrag zugestimmt hat, habe ich den Antrag befürwortet weitergeleitet."

Wegen der laufenden Kinderbeihilfe stellt das Landratsamt bürokratisch ordenlich fest, " dass die Zahlung der Kinderhilfe erst eingestellt werden kann, wenn gemäss den Richtlinien für die Erhebung des Widerspruchs gegen die Gewährung von Kinderbeihilfen ein Widerspruch beim Finanzamt eingegangen ist. Da ein solcher Widerspruch erst dann erhoben werden kann, wenn die Entziehung des Mutterehrenkreuzes ausgesprochen ist, habe ich von einer weiteren Antragstellung beim Finanzamt abgesehen."

Und weiter schreibt der Landrat: " Wie das Jugendamt hier auf Befragen mitteilte, sind  gegen die ordnungsgemäße Kinderbeihilfe bis jetzt kein Klagen eingegangen. Im übrigen wird der Familie Graf seitens des Jugendamtes kein schlechtes Zeugnis ausgestellt."

Am 10. September 1943 fordert das Ministerium des Innern " eine amtliche Bestätigung, daß der Sohn Peter Graf wegen Fahnenflucht erschossen worden ist" weil beabsichtigt ist "im Hinblick darauf, daß auch der Vater Peter Graf während des Krieges 1914/18 fahnenflüchtig war, die Entziehung des Mutterehrenkreuzes zu beantragen."

Und mit großer Genauigkeit und Sorgfalt vorgehend, weil alles seine Ordnung haben muß, wird auf widersprüchkliche Aussagen des Landratsamts hingewiesen: " In Ihrem Berichte vom 19. Dezember 1942 erwähnten Sie, daß die Familie Graf nicht in der Lage sei, die gewährten Kinderbeihilfen zweckentsprechend für ihre Kinder zu verwenden. Dagegen hat nach Ihrem neueren Bericht vom 5. Mai 1943 das Jugendamt Müllheim mitgeteilt, dass gegen die ordnungsmässige Verwendung der Kinderbeihilfe bis jetzt keine Klagen vorgetragen worden sind."

Und das Ministerium will wissen, "ob bei der Familie Graf heute noch von einer "asozialen Großfamile" gesprochen werden kann."

Am 29.9. 1943 wird vom Wehrmeldeamt Müllheim die Vollstreckung des Todesurteils gegen Peter Graf  wegen Fahnenflucht schriftlich bestätigt.

Zwischenzeitlich werden Barbara und Peter Graf wegen "Hehlerei" in  Untersuchungshaft genommen.

Die Akten werden noch noch ausgewertet.

Das nächste Schriftstück ist datiert vom 27.7. 1944. Das Kreisjugendamt nimmt zur Familie Graf Stellung:

"Ich nehme Bezug auf die gelegentlichen Rücksprachen, wonach sowohl die Erhebungen über die Sippe der Frau Graf sowie die Erfahrungen der Gesundheitspflegerin bei zahlreichen Hausbesuchen, ferner auch die Vorstrafliste über die Frau selbst nichts Nachteiliges ergaben. Auch während der Untersuchungshaft im vergangenen Winter konnte der Frau nach Aussagen des Untersuchungsrichters nichts nachgewiesen weden, was sie belastet hätte. Sie hat stets nach Kräften für die zahlreichen Kinder gesorgt, von denen die überwiegende Mehrzahl noch jugendlich und weder in der Schule noch sonst nachteilig aufgefallen ist. Ein Erbleiden liegt bei keinem dieser Kinder vor, alle sind gesund und mehr oder weniger normal begabt. Ihre künftige Entwicklung ist noch nicht abzusehen."

Allerdings, so heißt es weiter, sei in der "Sippe" des Ehemannes "die kriminelle Belastung sehr eindeutig und hat bereits im Jahre 1939 zur Ablehung des Mutterehrenkreuzes an dessen Mutter Maria Graf geb. Trapp geführt."

Und wir erhalten Aufschluß über das Schicksal von Anton Graf:

"Nachdem nun am 24.7.1944 der 18-jährige Anton Graf als Schwerverbrecher und Volksschädling zum Tode verurteilt wurde und damit schon 2 Söhne der Frau Barbara Graf als Volksschädlinge ihr Leben verwirkt haben, ist doch zu fürchten, daß das schlechte Erbgut von Vatersseite in den Kindern überwiegt. Damit ist auch der Begriff der "asozialen Großfamilie" auf sie anzuwenden."

Der Landrat macht sich die Stellungnahme des Gesundheitamtes zu eigen und schreibt am 18.August 1944  an das Ministerium des Innern:

"Die bisherigen Überprüfungen und Nachforschungen haben nichts Nachteiliges gegen die Obengenannte(Barbara Graf) ergeben. .... Sie hat stets als ordentliche Mutter für ihre zahlreichen Kinder gesorgt.- ... . Nach Mitteilung des Wehrmeldeamtes ist der am 18.8.1919 geborene älteste Sohn durch das Gericht der 215.Inf. Division wegen Fahnenflucht zum Tode verurteil worden.. Das Urteil wurde am 3.Juli 1942 in Riga vollstreckt. Der am 21.7.1926 geborene Sohn Anton Graf wurde am 24.Jukli 1944 als Schwerverbrecher und Voklksschädling zum Tode verurteilt. Hieraus ergibt sich, dass die von Vaters Seite herrührende schlechte Erbmasse in den Kindern überwiegt. Der Ehemann der Obengenannten ist mehrfach vorbestraft.

Der Begriff der "asozialen Großfamilie" dürfte mithin auf die Familie der Barbara Graf geb.Kopp anzuwenden sein. Da sich diese Merkmale erst nach der Verleihung des Ehrenkreuzes der deutschen Mutter herausgestellt haben, wird hiermit der Antrag auf Entziehung dieses Ehrenkreuzes wiederholt."

Nun beschleunigt sich das Verfahren. Am 4. September 1944 schreibt der "Staatsminister und Chef der Präsidialkanzlei des Führers und Reichskanzlers" an das badische Innenministerium: "Ihrem Antrag entsprechend ist die Entziehung des der Barbara Graf geb.Kopp in Sulzburg verliehenen Ehrenkreuzes der Deutschen Mütter (§§) verfügt worden.

Ich bitte, die dortige Vorschlagsliste zu berichtigen und mir das Ehrenkreuz nebst dem Besitzzeugnis unter Bezugnahme auf diesen Erlaß zurückzusenden."

Am 23. September 1944  wendet sich das Ministerium an den Landrat "mit dem Ersuchen um Übersendung des an Frau Barbara Grafverliehenden Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter." am 13. Oktober 1944 wird der Bürgermeister von Sulzburg davon in Kenntnis gesetzt.

Am 6. November 1944  meldet der Bürgermeister von Sulzburg dem Landrat: "In der Anlage gebe ich das Ehrenkreuz 1. Stufe und das Besitzzeugnis der Frau Barbara Graf hier zurück:"

Und unter dem  - so geschichtsträchtigen - Datum 9. November 1944 kann der Landrat dem Innenministerium Vollzug melden: "In Erledigung obigen Erlasses lege ich beifolgend das eingezogene Ehrenkreuz I. Stufe unter Beschluss des Bersitzzeugnisses erg.vor."

Das ist die Geschichte der "Entziehung des an Frau Barbara Graf verliehenen Mütterehrenkreuzes Stufe I".                2 Jahre und fast 4 Monate hat es gedauert, bis die Nazis sich dafür rächen konnten, daß Barbara Graf von Sulzburg, früher in Eschbach, nach München ins Braune Haus gereist ist, angetan mit dem goldenen Ehrenkreuz und dort versuchte, ihren  Sohn Peter vor dem Erschießen zu retten.

Ehre ihrem Andenken.

Und dem ihrer Söhne auch.

 

 

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