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Rede Uli Rodewald

 »Ich habe ja auch Ziele, wie jeder andere. Ich möchte studieren, dass ist wirklich ein Wunsch. Es ist wirklich sehr unangenehm, zuzusehen wie andere das Leben genießen können und man selber es nicht mitgenießen kann.“ So die 14jährige Palästinenserin Reem zu Kanzlerin Merkel.
Darauf antwortet Merkel »ich verstehe das“. Doch sofort folgt ihr „Aber“.
Denn: »Politik ist manchmal auch hart«, so Merkel. Und erinnert das verzweifelte Mädchen daran, dass sie nicht die Einzige ist, die vor einem Dilemma steht. Und dass man nun mal nicht alle Flüchtlinge aus dem Libanon und Afrika aufnehmen könnte.
Das Mädchen bricht in Tränen aus, weil es abgeschoben werden soll.
Noch während ihres Plädoyers für schnellere Asylverfahren bemerkt die Kanzlerin die Tränen des Mädchens. Mit den Worten »Och Gott. Du hast das doch prima gemacht« unterbricht Merkel ihre Rede.
Der Moderator interveniert: »Ich glaube nicht, Frau Bundeskanzlerin, dass es ums prima machen geht, sondern, das dass es eine sehr belastende Situation ist.«
Worauf die Kanzlerin antwortet: »Ich weiß, dass das eine sehr belastende Situation ist. Und deswegen möchte ich sie trotzdem einmal streicheln.«

Wie beschämend dieser Auftritt der führenden Politikerin in Deutschland, so bezeichnend.


Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren

Für eine menschliche Flüchtlingspolitik! - Bleiberecht statt Abschiebung

Die Welt ist in Unordnung.
Alles scheint aus den Fugen zu geraten. Nichts scheint mehr sicher.
Krisen und Kriege stiften Verwirrung, bringen Überzeugungen ins Wanken und rufen neben Tod und Elend große Flüchtlingsströme hervor.

Es wächst die Zahl der neuen Mauertoten.
Die Mauer, das ist das militärisch bewachte Mittelmeer, das sind die abgeriegelten Landwege und Meerengen, und das ist die tödliche Sahara. Was die Mauer umschließt, sind die goldenen Türme Europas.
Wen sie draußen halten soll, das sind die Menschen, deren Ausbeutung half, diese Türme zu errichten. Die aus Ländern kommen, die in wirtschaftlicher Abhängigkeit und in Chaos gehalten werden, die in Bürgerkriege gestürzt werden, damit die goldenen Türme strahlen können.
Diese Menschen sollen bitte draußen bleiben. Nicht hierher kommen, wo sie uns mit den Folgen unseres Systems, unserer Politik konfrontieren.

Und die Oberen unternehmen alles, um von den Ursachen dieses Elends abzulenken.
Denn es ist ihre Politik, die den Interessen der großen Konzerne verpflichtet ist, die die Lebenssituation der Mehrzahl der Menschen auf unserer Erde verschlechtert und die großen Flüchtlingsströmen hervorruft.

Lassen Sie uns einen genaueren Blick auf diese „Unordnung“ werfen, lassen Sie uns eine erste Antwort darauf finden, warum das reiche Afrika so arm ist.

Afrika ist reich an Bodenschätzen, reich an fruchtbaren Böden und reich an Talenten seiner über 1 Mrd Bewohner.  Trotzdem kommt dieser Kontinent nicht auf die Beine. Trotz dieses Reichtums ist die Mehrzahl der Afrikaner arm und lebt unter für uns kaum vorstellbaren, erbärmlichen Bedingungen

Schauen wir uns an einem Beispiel an, wohin der Reichtum Afrikas geht.
In der Regel beantragt ein Konzern in einem Staat eine Schürf- und Ausfuhrlizenz für einen Rohstoff, investiert in die Anlagen, oftmals unterstützt von der Weltbank, kassiert Prämien und finanzielle Mittel dafür, dass das Unternehmen in Afrika investiert, und konstruiert mit dem Staat, in dem die Schürf- und Ausfuhrlizenz erwirkt wurde, einen langfristigen Vertrag mit einem langfristig festgelegtem Preis, dem sogenannten Verrechnungspreis.
Dieser Verrechnungspreis ist völlig abgekoppelt von Marktpreisen, dem Weltmarkt für Rohstoffe und den Preisen, die an den Rohstoffbörsen fixiert werden. In der Realität gewinnen bei Preissteigerungen für die Rohstoffe nur die Rohstoffkonzerne, die Rohstoffhändler und die Eliten der jeweiligen Förderländer. Ebenso landen dort die gewöhnlichen Gewinne der Produktion vor Ort. Von Steuerzahlungen in den Produktionsländern lassen sich die Rohstoffkonzerne in der Regel langfristig befreien oder schachteln die Unternehmensstruktur so, dass am Produktionsort nur Verluste anfallen.  
So bleibt Afrika trotz des Reichtums an Bodenschätzen arm, denn alle Gewinne landen bei den Konzernen, den Rohstoffhändlern oder auf Treuhandkonten der Eliten des Landes.

Die Ausplünderung afrikanischer Staaten hat inzwischen ein Maß erreicht, bei dem das Verhältnis von Geldmittelzuflüssen nach Afrika, beispielsweise Investitionen oder Entwicklungshilfe, zu den Geldmittelabflüssen an die Konzerne, Rohstoffhändler und korrupten Eliten 1:10 beträgt.
Jeder als Investition nach Afrika fließenden Euro wird verzehnfacht, das entspricht einer Rendite von 1000%.
Jeder aus Europa nach Afrika fließende Euro produziert so einen Kapitalabfluss aus ohnehin armen Ländern von 10 Euro. Ein Umstand, der einen Teil der sichtbaren Armut Afrikas und der Not der Menschen erklärt, aber auch die Antwort darauf liefert, warum nach Jahrzehnten Entwicklungshilfe nur wenig Verbesserung zu erkennen ist. Gegen den Kapitalabfluss sind die Zahlungen aus der Entwicklungshilfe – und auch das Engagement der NGOs (also von NichtRegierungsOrganisationen) - nur Peanuts.

Vor allem wegen dieser Weltwirtschaftsordnung kommt Afrika nicht auf die Beine.


Dazu kommt: Industrieprodukte haben sich in den letzten 20 Jahren um mehr als 25% verteuert, die Preise für Agrarprodukte sind dagegen um über 50% gesunken.

Und diese Armut der Vielen schafft  den Reichtum der Wenigen.
Die 15 reichsten Menschen der Erde besitzen ein Vermögen, welches das Bruttoinlandsprodukt (alle inländisch erzeugten Waren und Dienstleistungen, BIP) Afrikas südlich der Sahara übersteigt.

Die Erträge der transnationalen Konzerne übertreffen die Wirtschaftskraft vieler Staaten.
So betrug der Umsatz des Einzelhandelskonzerns Walmart mehr als das Bruttosozialprodukt der 43 ärmsten Staaten. Die Umsätze der großen Autokonzerne General Motors, Ford und Daimler lagen gleich auf oder vor den Nationaleinkommen von Ländern wie Portugal und Griechenland.

Es ist vor allem diese „Unordnung“  in der Verteilung des Reichtums, der zu den gegenwärtigen massenhaften Flüchtlingsströmen führt.
Solange Menschen in ihrer Heimat nicht die Aussicht auf ein erträgliches Leben haben, solange der Reichtum der wenigen die Armut der vielen produziert, so lange wird es Flüchtlingsströme geben.

Es die Aussicht auf höchste Gewinne, die immer neue Kriege hervorbringt und die Aussicht auf ein menschenwürdiges Leben zerstört. Es sind auch die Staaten der EU, die von der Armut Afrikas profitieren.

Die Regierenden kennen diese Mechanismen, die immer wieder aufs neue Armut produzieren. Der deutsche Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Müller, der der CSU angehört, findet klare Worte zur Erklärung der Situation in Afrika. Und beläßt es dabei.

Statt dessen versuchen die Regierenden in der EU alles, um von den Ursachen dieses Elends abzulenken. Nun sollen es die Schleuserbanden sein, die ursächlich für den Massenexodus von afrikanischen Menschen sind.
Getreu dem Motto: „Keine Schleuserbanden, keine Flüchtlinge“.
Und es fällt den Regierenden kein besseres Mittel ein, als militärisch gegen diese vorzugehen.
Man muß kein Hellseher sein, um das Scheitern eines solchen Vorgehens vorauszusagen.

Eine solche Maßnahme paßt zu einer Politik, die zuläßt, dass 23.000 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken.
Es ist eine Politik, die mehr den großen Wirtschaftsunternehmen verbunden ist als den Menschen. Es ist eine Politik, die gut für die Reichen ist, aber nicht gut für die Mehrzahl der Menschen.

Wenn wir heute hier öffentlich unsere Forderung nach einer menschlichen Flüchtlingspolitik artikulieren, dann fordern wir nichts weniger als eine
menschliche Politik überhaupt.

Eine Politik für die Menschen. Für alle Menschen.
Wir brauchen sie nicht neu zu erfinden. Die Prinzipien einer solchen Politik sind niedergelegt in der Charta der Vereinten Nationen.
Allerdings muß dieser Charta Geltung verschaffen werden.
 
Dazu braucht es vor allem uns. Unser Engagement.
Nichts wird sich von selbst bewegen.
Es zählt nur das, was wir tun.

Bis dies allerdings der Fall ist, bis eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung durchgesetzt ist, setzen wir uns dafür ein, daß die Menschen, die den Weg zu uns gefunden haben, hier ein sicheres Zuhause finden. Deshalb fordern wir:

Bleiberecht statt Abschiebung!

Wir heißen alle Flüchtlinge, die ihren beschwerlichen Weg bis zu uns gefunden haben, willkommen!
Wir erklären uns solidarisch mit den Flüchtlingen! Mit allen Flüchtlingen. Vorbehaltlos.

Wir wollen und werden nicht einer Flüchtlingspolitik zuschauen, die nicht die Fluchtursachen bekämpft, sondern die Flüchtlinge.

Deshalb: Beteiligen Sie sich an Aktionen zur Verhinderung von Abschiebungen! (Hinweis: Telefonkette)

Wir fordern von unserer Regierung:
Machen Sie von Ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch, Asylverfahren von Flüchtlingen in Deutschland durchzuführen!
Es gibt keinen Zwang, Abschiebungen nach dem Dublin 3- Abkommen durchzusetzen.

Wir fordern  von unseren Politikern:
Beenden Sie sofort die Abschiebung von Menschen in eine unheilvolle Zukunft.
Sie können es, wenn Sie es wollen. Wollen Sie es!
Wir helfen Ihnen dabei!

Deshalb sind wir heute hier zusammenzukommen, um laut und deutlich zu fordern:

Unseren Flüchtlingen ein sicheres Zuhause.

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!
 

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