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Rede Uli Rodewald zum 9.November 2019

 

 

Am Gedenkstein für die ehemalige Synagoge in Müllheim

► Am Gedenkstein für die ehemalige Synagoge waren auf langen, schwarzweiß gestreiften Stoffschals, die an die KZ - Kleidung erinnern,  die Namen der ermordeten jüdischen Mitbürger verzeichnet

Entschieden für Frieden und gegen rechte Hetze!

 

Schweigemarsch zur Reichspogromnacht in Müllheim
Rede von Uli Rodewald, Friedensrat Markgräflerland

Schweigemarsch durch Müllheim

"Warum kann man diese uralten Geschichten nicht endlich mal ruhen lassen? Seit Jahrzehnten werden wir gezwungen uns dafür zu schämen, was Menschen irgendwann in diesem Land verbrochen haben! Ich kann es nicht mehr hören und sehen! Wer von uns war denn dabei, oder kann etwas dafür? Ich habe dazu nichts getan, denn ich war damals noch nicht mal geboren!!!"

So eine Äußerung zum Aufruf des Friedensrats Markgräflerland zum Schweigemarsch für die ermordeten jüdischen Müllheimer.

Januar 1933:

Hitler wird Reichskanzler. Mit entscheidend dafür war auch die Uneinigkeit der demokratischen, republikanischen Kräfte. Sie bekämpften sich gegenseitig, statt sich einig gegen die Nazis zu stellen.

Die Herrschaft der Nazis kam nicht aus einer grauen Wolke, sie zeichnete sich lange vorher ab:

"Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf ...". (Erich Kästner)

 

Grundrechte schützen - Rassismus bekämpfen

1933 war es zu spät. Die Nazis ermordete die Menschen im Widerstand oder sperrten sie in Konzentrationslager. Besonderer Verfolgung waren die jüdischen Menschen ausgesetzt.

 

Am 9. November 1938 wurde auch in Müllheim die Synagoge geschändet. Zudem wurde „in Müllheim an den Häusern der Juden die Fenster eingeschlagen und zum Teil die Wohnungseinrichtungen demoliert. Besonders mitgenommen wurde das Haus des Vorsingers, wo die Juden ihre Zusammenkünfte hatten, seitdem die Synagoge nicht mehr benutzt wurde,“ heißt es in den „Markgräfler Nachrichten“ vom 11. November 1938.

Diese Pogromnacht war aber nur der Vorhof der Hölle. Zwei Jahre später, im Oktober 1940, wurden alle jüdische Menschen aus Baden in das Lager Gurs am Fuß der Pyrenäen deportiert. 900 von ihnen kamen dort ums Leben.

Ab 1942 begann die Ermordung der jüdischen Menschen in den Vernichtungslagern der Nazis.

 

"Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah.  Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon." Diese Aufforderung von Max Mannheimer, jüdischer Überlebender des Holocaust, macht die aktuelle Bedeutung dieses Gedenkens deutlich.

Am Gedenkstein für die ehemalige Synagoge in Müllheim

Auf langen, schwarzweiß gestreiften Stoffschals, die an die KZ - Kleidung erinnern, waren die Namen der ermordeten jüdischen Mitbürger verzeichnet

Denn längst sind sie wieder da: die Nazis. Sie  erzählen, dass Hitler gar nicht so schlecht gewesen sei. Sie verhöhnen die Opfer der Nazis und deren Nachkommen, indem sie sagen, es war nicht so schlimm, was die Nazis ihren Opfern antaten. Oder sie behaupten, dass es sich bei den Verbrechen der Nazis nur um einen "Fliegenschiss" gehandelt habe.

Bei der Erinnerung an die Verbrechen der Nazis geht es nicht darum, dass sich alle Deutschen schuldig fühlen sollen.  Es geht darum, dass alle Menschen gerade in Deutschland wissen müssen, weshalb HEUTE der Widerstand gegen Nazis und ihre rechte Hetze notwendig ist.

Denn wieder schaffen heute Nazis No-Go-Areas: Regionen, die bestimmte Menschen aus Angst lieber vermeiden, weil sie dort oft von Neonazis angegriffen werden. Und die Nazis, insbesondere die der AfD, versuchen No Go Areas nicht nur örtlich , sondern auch und gerade in den Köpfen, im Denken zu erzeugen. Durch ihre Sprüche, ihr Verhalten und ihr Gehabe  erzeugen sie ein feindliches, undemokratisches Klima. Wenn uns Freiheit und ein demokratisches Miteinander lieber sind als Angst und Feindschaft, ist es wichtig, dass auch wir die Rechte aller verteidigen und uns gegen Neonazis aussprechen und engagieren. Denn wenn die Rechte einer Minderheit nicht respektiert werden, sind die Rechte aller gefährdet.

Diese Schals wurden neben dem Gedenkstein für die ehemalige Synagoge aufgehängt

Sage niemand, dies sei nur ein Problem im Osten Deutschlands.

Bei der Landtagswahl 2016 ibn Baden-Württemberg erhielt die AfD 15 Prozent der Wählerstimmen.

Wir vom Friedensrat Markgräflerland zeigten nach dem Anschlag auf die Synagoge in Halle und der Emordung zweier Menschen dort im Müllheimer Stadtbild ein Transparent auf dem wir gegen diesen nazististischen anschlag protestierten. In der darauf folgenden nacht wurde das Transparent abgeschnittwen und gestohlen.

In Freiburg wurde jüngst ein junger  jüdischer Mann in einem Fitness Studio seiner Kippa beraubt und bedroht.

Werbeplakate an der Sparkasse in Müllheim wurden mit Hakenkreuzen beschmiert.

Neonazis behaupten manchmal,  dass ihr Recht auf freie Meinungsäußerung missachtet wird. Aber ihre Meinung ist nicht eine unter vielen. Ihre Meinung läuft darauf hinaus, anderen, auch durch Gewalt, das Recht abzusprechen, demokratisch und vielfältig zu sein. Es gibt kein Recht auf Nazi Propaganda..

Was ist unserer Auffassung nach zu tun?

 

 

 

Es gilt zum einen, den antifaschistischen Konsens unserer Gesellschaft zu bewahren. Unbedingt. Dazu ist es nötig, den Nazis klar und deutlich und offensiv entgegenzutreten.

"1933 wäre verhindert worden, wenn alle Gegner der Nazis ihren Streit untereinander zurückgestellt und gemeinsam gehandelt hätten. Daß dieses gemeinsame Handeln nicht zustande kam, dafür gab es für die Hitlergegner in der Generation meiner Eltern nur eine einzige Entschuldigung: Sie hatten keine Erfahrung, was Faschismus bedeutet, wenn er einmal an der Macht ist. Aber heute haben wir alle diese Erfahrung, heute muss jeder wissen, was Fachismus bedeutet. Für alle zukünftigen Generationen gibt es keine Entschuldigung mehr, wenn sie den Faschismus nicht verhindern." Peter Gingold, Antifaschist und Widerstandkämpfer

Denn wir wissen, es gibt keinen gemäßigten Faschismus. Auch wenn ein Rassist oder Faschist demokratisch gewählt ist, dann macht das aus ihm keinen Demokraten.

Bilden wir einen Sperrgürtel zum Schutz gegen das Einschleppen des Nazismus in unsere Gesellschaft.

Und wir brauchen eine andere Politik. Eine Politik, die der Mehrheit der Menschen in unserem Land zugewandt ist und nicht den reichen großen Unternehmen, Banken und Versicherungen.

Wir brauchen eine Politik, die in den Menschen nicht nur Konsumenten sieht, sondern Bürger. Wir brauchen, z. B. eine Kommunalpolitik, die nicht Einkaufszentren produziert, sondern Gemeinden, Gemeinschaften und solidarischen Zusammenhalt.

Und zu beiden brauchen wir Menschen, die sich dafür einsetzen. Heute und morgen.

 

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