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Ansprache Anne-Katrin Vetter am Tag der Befreiung

8. Mai 2020 - Niezapominajka –                              Anne-Katrins Vergiss-mein-nicht!

Die meisten von uns Anwesenden hier wissen um das Ende des letzten Kapitels der traurigen Geschichten dieser 58 Kinder, die hier unter diesen großen Steinen begraben sind.
Sie starben an Krankheiten und den Umständen der schlimmen Lebensbedingungen von sich selbst und ihrer Mütter während des Nazi-Reiches und danach.

Unsere Veranstaltung haben wir symbolisch nach dem polnischen Wort Niezapominajka benannt:  Niezapominajka heißt Vergissmeinnicht.

Wir erinnern seit ein paar Jahren jährlich mit diesem Vergißmeinnicht an das Schicksal von so vielen Menschen, die während der Nazizeit aus ihrer Heimat gerissen wurden und nicht selten in der Fremde unter schlimmsten Umständen zugrunde gingen oder ermordet wurden.
Diese Menschen hatten auch manchmal Kinder.

Stellvertretend für alle Kinder der mit den so harmlosen Wort „Zwangsarbeiter“ bezeichneten Eltern, die während und nach der Nazizeit ungezählt und ganz oft unbenannt und unnotiert starben, anonym verscharrt verschwanden, weil niemand von ihnen Notiz nahm, wollen wir hier allen dieser Kinder gedenken.Sie  hatten ab und in der Zeit, in der die Nazi-Ungeheuer in ihr Leben traten, kein Zuhause mehr, keine Möglichkeit, glücklich oder überhaupt heranzuwachsen. Sie gehörten nicht der von den Nazis auserwählten Rasse an, also wurde ihnen wie Millionen anderen Menschen zu dieser grausamen Zeit das Recht auf Leben brutal entrissen.

Tausende mehr wurden in den schrecklichen Jahren namenlos und grablos verscharrt. Für uns nicht mehr nachvollziehbar.

Vor 75 Jahren, am 8 Mai 1945, endete die grauenvolle Nazizeit, noch weitere Jahre des Hungers, der Verfolgung, der Nicht-Akzeptierung des Leids unter den Nazis – bis in die Jetzt-Zeit derer, die als Kinder unter den Nazis in KZs litten und bis heute, wenn sie das Glück haben, im Laufe der Jahrzehnte nicht verstorben zu sein, immer noch auf Entschädigung durch Deutschland warten.
Was für eine unglaubliche Schande!!!
Ich schäme mich auch für diese Politik und dieses Gebaren in Deutschland!
 

Wir stehen hier und erinnern mit dem Schicksal jedes einzelnen dieser 58 Kinder an all die Kinder, die weltweit auf der Flucht waren und sind,
die vor Kriegen fliehen,
in Kriegen leben müssen,
unter Gewalt leiden,
unter Entführung während der Flucht,
versklavt werden während ihrer Flucht,
von ihren Familien getrennt werden,
die auf der Flucht umkommen,
die miterleben mussten, wie ihre Familienangehörigen starben,
die Schrecklichstes erlebt haben in ihrem kurzen Kinderleben,  
und die ebenfalls kein Zuhause haben.

75 Jahre sind vergangen, es gibt immer noch unglaublich viele Kinder, die leiden müssen.

75 Jahre später sollten wir doch in ganz vielerlei Hinsicht aus unserer Geschichte gelernt haben, oder?
 

Neulich las ich:
„Noch nie waren so viele Menschen Vertriebene, auch in ihren eigenen Ländern, wie heute:
45,7 Millionen Menschen lebten Ende vergangenen Jahres nach der Flucht vor Konflikten und Gewalt fernab ihrer Heimat.
Unter den Ende 2019 Vertriebenen waren nach Schätzungen 18,3 Millionen Kinder unter 14 Jahren.“Und was fangen wir mit dieser Information an????
Wir lassen uns immer mehr diktieren, laufen denen, die so tun, also wüssten sie es ganz genau, hirnlos hinterher und lassen sie gewähren!  
Wir sind ja sooo bequem!!!
 
 

Wir winken ab, und tun so, als könnten wir nichts tun.
Dabei ist nicht mal das wahr!!!
Unsere Gesellschaft belügt sich selbst!!!Müssen wir uns für Menschen einsetzen, die aus Ländern fliehen, denen unsere Rüstungsindustrie Waffen verkauft???
Ja, wir müssen.
Das Waffen-Produzieren und Waffen-Verkaufen muss aufhören!
Das Die-Dritte-Welt-Ausnutzen zu unseren Gunsten muss aufhören.
Dieses egoistische, unsolidarische Gebaren, das wir und die anderen Industrie-Staaten seit Jahrzehnten auf Kosten der sogenannten Dritten Welt haben, muss aufhören.

Wir dürfen uns von kleinen, niedlichen, harmlosen, ja „gar nicht bös“ gemeinten, rechten Sprüchen und Behauptungen von Nazis unserer Zeit und deren Gefolgschaft nicht beeindrucken lassen.
Sie dürften diese nicht mal ungestraft sagen dürfen!
A propos:
Gauland, der AfD Franktions-Chef, hat den 8. Mai 1945 diese Woche so bezeichnet: „Für die KZ-Insassen ist er ein Tag de Befreiung gewesen. Aber es war auch ein Tag der absoluten Niederlage, ein Teil des Verlustes von großen Teilen Deutschlands und des Verlustes von Gestaltungsmöglichkeiten.“

Wir müssen den Nazis den Mund verbieten. Mit Nazis diskutiert man nicht mehr! Ein Recht auf freie Meinungsäußerung haben sie verwirkt durch die Geschichte!

Das Erinnern an unsere schlimme Geschichte von gestern
und das solidarische Handeln von heute
ergibt eine Zukunft, die Zukunft:

Kinder sind weltweit die Zukunft.
Kinder verdienen ein Leben mit unbändigem Lachen,
mit in den Arm nehmen, Achtung und Wärme spüren,
mit Phantasie und Träumen,
sie verdienen ein Leben in Sicherheit, mit genug zu Essen und ohne Gewalt,
sie verdienen ein Leben mit und in Frieden und Liebe!

Mit diesem Niezapominajka, diesem blauen kleinen Blümchen, versprechen wir Euch, Ihr so früh des Lebens beraubten Kinder,
Wir vergessen Euch nicht.
Für uns ist es weder zu lang her, noch interessiert uns, welche Nationalität Ihr hattet.
Wir lehnen Nazis entschieden ab und versuchen unseren Teil dagegen zu tun, dass die Nazis Stück für Stück wieder mehr Fuß fassen können.
Niemand darf vergessen!
Niemand darf vergessen werden!
 

Wir müssen uns erinnern und daraus resultierend HANDELN,
damit so etwas oder Ähnliches nie, nie wieder passiert.

Weil, es passiert nicht einfach….
Es geschieht durch Zuschauen und Dulden des Großteils der Bevölkerung.
Durch unsolidarisches, egoistisches Verhalten,
durch Gerede anstelle von aktivem Handeln.
Durch Wegschauen anstelle in den Weg zu treten und laut zu sagen:
Nein, mit uns nicht! Hört sofort auf damit!

 

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