Karl Liebknecht: Nein zu Kriegskredite 1914 -2025
„Einer hat dennoch sein Antlitz über den Krieg erhoben, und es wird einst leuchten in der Schönheit und der Bedeutung seines Mutes.“
Der französische Schriftsteller Henri Barbusse über Karl Liebknecht.
Karl Liebknecht spricht 1911 in Berlin. |
Am 2. Dezember 1914 stimmte Karl Liebknecht als einziger Abgeordneter im Reichstag gegen die Bewilligung weiterer Kriegskredite. Während die Vertreter aller Fraktionen sich von ihren Plätzen erhoben und damit ihre Zustimmung bekundeten, blieb Liebknecht sitzen. Der Reichstagspräsident mußte feststellen, daß die Kredite gegen die Stimme des Abgeordneten Karl Liebknecht angenommen worden waren.
Wie immer die Abstimmung im Bundestag am 18. März über grenzenlose Aufrüstungskredite ausgehen wird, Karl Liebknecht hätte ihnen auf jeden Fall die Zustimmung verweigert.
Wir haben seine Ablehnung dokumentiert und seiner Rede von 1914 haben wir eine fiktive Rede Karl Liebknechts von 2025 gegenübergestellt. Ähnlichkeiten sind nicht zufällig.
Zur Kriegssitzung des Reichstages am 2. Dezember 1914 Liebknechts Ablehnung der Kriegskredite
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Zur Sitzung des Bundestages am 18. März 2025
Liebknechts Ablehnung der Aufrüstungskredite
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Meine Abstimmung zur heutigen Vorlage begründe ich wie folgt:
Dieser Krieg, den keines der beteiligten Völker selbst gewollt hat, ist nicht für die Wohlfahrt des deutschen oder eines anderen Volkes entbrannt. Es handelt sich um einen imperialistischen Krieg, einen Krieg um die kapitalistische Beherrschung des Weltmarktes, um die politische Beherrschung wichtiger Siedelungsgebiete für das Industrie- und Bankkapital. Es handelt sich vom Gesichtspunkt des Wettrüstens um einen von der deutschen und österreichischen Kriegspartei gemeinsam im Dunkel des Halbabsolutismus und der Geheimdiplomatie hervorgerufenen Präventivkrieg. Es handelt sich um ein bonapartistisches Unternehmen zur Demoralisierung und Zertrümmerung der anschwellenden Arbeiterbewegung. Das haben die verflossenen Monate trotz einer rücksichtslosen Verwirrungsregie mit steigender Deutlichkeit gelehrt. |
Meine Ablehung der geplanten Aufrüstungskredite begründe ich wie folgt:
Die von den Regierenden vertretende Behauptung, Deutschland müsse in bisher nicht bekanntem Maße aufrüsten, weil ansonsten in 5 Jahren Russland Deutschland überfiele, dient nicht der Wohlfahrt des deutschen oder eines anderen Volkes. Diese Aufrüstungsvorhaben haben das Ziel, Deutschland militärisch in seit 1945 nicht gekannter Weise im Kampf um die Stellung am Weltmarkt zu positionieren, um die Interessen von grossen Industriekonzernen und Banken zu sichern. Es handelt sich vom Gesichtspunkt des Wettrüstens um einen von den Regierenden Deutschlands und anderer EU-Länder im Dunkel der EU-Bürokratie betriebene Hochrüstung. Es handelt sich um ein handstreichartiges Unternehmen, um Proteste gegen diese Aufrüstung zu demoralisieren und zu zertrümmern. Das haben die verflossenen Monate mit steigender Deutlichkeit gelehrt.
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Die deutsche Parole „Gegen den Zarismus“ diente - ähnlich der jetzigen englischen und französischen Parole „Gegen den Militarismus“ - dem Zweck, die edelsten Instinkte, die revolutionären Überlieferungen und Hoffnungen des Volkes für den Völkerhaß zu mobilisieren. Deutschland, der Mitschuldige des Zarismus, das Muster politischer Rückständigkeit bis zum heutigen Tage, hat keinen Beruf zum Völkerbefreier. Die Befreiung des russischen wie des deutschen Volkes muß deren eigenes Werk sein. |
Die deutsche Parole " Gegen Putin" diente, ähnlich der jetzigen EU Parole - "Europa muss sich selbst verteidigen können" dem Zweck, entgegen der bestehenden Einstellung der Mehrheit des deutschen Volkes, in Frieden zu leben und Konflikte zivilisiert zu lösen, für die Bereitschaft zu Kriegen zu mobilisieren. Deutschland, der Verursacher zweier grosser Weltkriege, hat keinen Beruf zum Volksbefreier. Welchen Weg das russische wie das deutsche Volk geht,muss deren eigenes Werk sein. |
Der Krieg ist kein deutscher Verteidigungskrieg. Sein geschichtlicher Charakter und bisheriger Verlauf verbieten, einer kapitalistischen Regierung zu vertrauen, daß der Zweck, für den sie die Kräfte fordert, die Verteidigung des Vaterlandes ist. |
Die geplante ungeheuer Aufrüstung dient nicht der Verteidigung Deutschlands. Die Entwicklung Deutschlands nach der Wiedervereinigung verbietet es, den Regierenden zu vertrauen, dass der Zweck, für den sie die Kräfte fordert, die Landesverteidigung ist. |
Ein schleuniger, für keinen Teil demütigender Friede, ein Friede ohne Eroberungen, ist zu fordern; alle Bemühungen dafür sind zu begrüßen. Nur die gleichzeitige dauernde Stärkung der auf einen solchen Frieden gerichteten Strömungen in allen kriegführenden Staaten kann dem blutigen Gemetzel vor der völligen Erschöpfung aller beteiligten Völker Einhalt gebieten. Nur ein auf dem Boden der internationalen Solidarität der Arbeiterklasse und der Freiheit aller Völker erwachsener Friede kann ein gesicherter sein. So gilt es für das Proletariat aller Länder, auch heute im Kriege gemeinsame sozialistische Arbeit für den Frieden zu leisten. |
Im Krieg um die Ukraine ist ein Friede ohne Eroberungen zu fordern, alle Bemühungen dafür sind zu begrüssen. Nur die gleichzeitige dauernde Stärkung der auf einen solchen Frieden gerichteten Strömungen in allen kriegführenden Staaten kann dem blutigen Gemetzel vor der völligen Erschöpfung aller beteiligten Völker Einhalt gebieten. Nur ein auf dem Boden der internationalen Solidarität und der Freiheit aller Völker erwachsener Friede kann ein gesicherter sein. So gilt es für die Menschen aller Länder, die nicht an Aufrüstung und Krieg verdienen, gerade heute gemeinsame Arbeit für den Frieden zu leisten. |
Die Notstandskredite bewillige ich in der verlangten Höhe, die mir bei weitem nicht genügt. Nicht minder stimme ich allem zu, was das harte Los unserer Brüder im Felde, der Verwundeten und Kranken, denen mein unbegrenztes Mitleid gehört, irgend finden kann; auch hier geht mir keine Forderung weit genug. Unter Protest jedoch gegen den Krieg, seine Verantwortlichen und Regisseure, gegen die kapitalistische Politik, die ihn heraufbeschwor, gegen die kapitalistischen Ziele, die er verfolgt, gegen die Annexionspläne, gegen den Bruch der belgischen und luxemburgischen Neutralität, gegen die Militärdiktatur, gegen die soziale und politische Pflichtvergessenheit, deren sich die Regierung und die herrschenden Klassen auch heute noch schuldig machen, lehne ich die geforderten Kriegskredite ab. |
Unterstützungsleistungen für Menschen aus Kriegsgebieten, nicht nur aus der Ukraine, stimme ich in der verlangten Höhe zu, die mir bei weitem nicht genügt. Unter Protest jedoch gegen jeden Krieg, seine Verantwortlichen und Regisseure, gegen eine Wirtschaftspolitik, die ihn heraufbeschwört, gegen die wirtschaftlichen Ziele, die er verfolgt, gegen alle Annexionspläne. Ich protestiere gegen die soziale und politische Pflichtvergessenheit, der sich die Regierung und die herrschenden Klassen auch heute noch schuldig machen. Deshalb lehne ich die geforderten Aufrüstungskredite ab. |