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Viel Kritik am JA der Grünen zum verschärften Asylrecht

Veröffentlicht von Friedensrat (admin) am Sep 19 2014
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19.09.2014

 

LINKEN-Chef Riexinger: Grünes Ja ist »Verrat an der eigenen Identität« / Claudia Roth: »Kein guter Tag für die Grünen« / Amnesty: »Fauler Kompromiss«

Berlin. Der Bundesrat hat der von der schwarz-roten Bundesregierung geplanten und höchst umstrittenen Asylrechtsreform zugestimmt. Das grün-rot regierte Baden-Württemberg sicherte mit seinem Ja die notwendige Mehrheit für die Reform in der Länderkammer.

Bei den Verhandlungen mit der Bundesregierung seien substanzielle Verbesserungen für die Situation der Flüchtlinge rausgeholt worden, hieß es aus den Kreisen. So werde die Residenzpflicht für Flüchtlinge abgeschafft. Asylbewerber sind dann nicht mehr gezwungen, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Auch könnten Flüchtlinge künftig einfacher und schneller Arbeit aufnehmen. Baden-Württemberg habe sich mit der Entscheidung nicht leicht getan. »Wir sind aber der Meinung, dass wir aufgrund der tatsächlich erreichten Verbesserungen für die Lage der Flüchtlinge einen Kompromiss mittragen können«, hieß es.

Der leichtere Zugang für Flüchtlinge zum Arbeitsmarkt soll folgendermaßen aussehen: Das absolute Beschäftigungsverbot soll auf die ersten drei Monate beschränkt werden. Für Asylbewerber sowie Geduldete soll zudem die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach 15 Monaten im gesamten Bundesgebiet ohne Vorrangprüfung erlaubt werden. Bei dieser Prüfung wird ermittelt, ob es nicht auch geeignete deutsche Bewerber für eine Stelle gibt.

Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, warf den Grünen im Tagesspiegel wegen der Zustimmung Baden-Württembergs »Verrat an der eigenen Identität« vor. »Die baden-württembergischen Grünen haben ihrer Bundespartei einen Bärendienst erwiesen. Mit grünen Stimmen wird das Flüchtlingsrecht verschärft. Das ist nicht nur ein Novum. Das ist Verrat an der eigenen Identität. Den Grünen steht jetzt eine muntere Debatte bevor«, erklärte der LINKEN Chef.

Doch auch in den eigenen reihen, stößt das Ja von Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf deutliche Kritik. So zeigte sich die Grüne Jugend enttäuscht über die Zustimmung des grün-rot regierten Baden-Württemberg im Bundesrates zur Asylrechtsänderung. »Wir sehen in der Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten auf Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina das Grundrecht auf Asyl ausgehöhlt«, sagte Felix Banaszak, Bundessprecher der Grünen Jugend, dem »neues deutschland«. »Wir hätten uns gewünscht, dass alle von den Grünen mitregierten Länder der Asylrechtsänderung nicht zugestimmt hätten«, erklärte Banaszak. Wenn nun im Gegenzug einer Lockerung der Residenzpflicht und eine Erleichterung der Arbeitsaufnahme für Flüchtlinge zugesagt werde, dann sei das »in Teilen zwar das, was die Grünen seit langem verlangen«, so Banaszak. Es bleibe aber »ein schwacher Kompromiss, der weit hinter unseren Forderungen zurückbleibt«.

Vor dem Gebäude des Bundesrates protestierten am Vormittag rund 200 Menschen gegen den Kompromiss, der erst wenige Stunden zuvor erzielt worden war. Innerhalb der Partei gab es deutliche Kritik an der Entscheidung Baden-Württembergs. Ex-Grünenchefin und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth erklärte im bayerischen Rundfunk, dies sei »kein guter Tag für die Grünen«. Ähnlich äußerte sich auch die Landespolitikerin und flüchtlingspotlische Sprecherin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus Canan Bayram via Twitter, die die Proteste und »Schämt Euch, Grüne« Rufe vor dem Bundesrat als richtig bezeichnete.

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Als »faulen Kompromiss« bezeichnete die Menschenrechtsorganisation Amnesty International die Gesetzesänderung. »Die bekannt gewordenen Zugeständnisse enthalten nur minimale Verbesserungen für Asylsuchende, nicht mal für alle«, sagte Selmin Çalışkan, deutsche AI-Generalsekretärin.

Parteirat und Bundesvorstand der Grünen hatten noch am Donnerstag eine Erklärung verabschiedet, in der die Ausweitung der sicheren Herkunftsländer auf drei Staaten des westlichen Balkan als Ablenkung der Bundesregierung »von den eigentlichen Herausforderungen für die deutsche Flüchtlingspolitik« bezeichnet wird. »Die Bundesregierung erweckt bewusst den falschen Eindruck, hierdurch könnte die Zuwanderung aus dem Westbalkan gestoppt und Engpässe bei der Unterbringung in den Ländern und Kommunen aufgelöst werden. Es ist zynisch, wenn Union und SPD, die Asylsuchenden aus dem westlichen Balkan für die Situation in den Kommunen verantwortlich machen.«

Bundesvorstand und Parteirat zeigten Verständnis dafür, dass Gespräche zwischen Großer Koalition und den grün mitregierten Landesregierungen geführt wurden. »Nur so konnten der Bundesregierung Zugeständnisse in einzelnen Punkten wie dem Arbeitsmarktzugang und der Abschaffung der Residenzpflicht abgerungen werden. Zu mehr war die Bundesregierung aber nicht bereit«, heißt es in dem Papier. »Das ist unzureichend für eine Lösung der wirklichen Probleme in der Flüchtlingspolitik.« In dem Text heißt es aber auch: »Unabhängig von dieser Position respektieren wir, wenn grün-mitregierte Länder in ihren Kabinetten zu einer anderen Abwägung kommen sollten.«

Das rot-grün regierte Rheinland-Pfalz stimmt anders als Baden-Württemberg der Asylrechtsreform nicht zu. Das Land werde sich bei der Abstimmung an diesem Freitag im Bundesrat enthalten, hieß es in Mainzer Regierungskreisen. Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) sagte: »Das Angebot der Bundesregierung ist zu schlecht, als dass wir ihm als grüner, rheinland-pfälzischer Regierungspartner zustimmen könnten.«

Um die vom Bundestag bereits beschlossene Einstufung der drei Länder als sichere Herkunftsstaaten und damit schnellere Verfahren zur Ablehnung der Asylanträge zu ermöglichen, muss im Bundesrat mindestens ein Bundesland mit Regierungsbeteiligung der Grünen dafür stimmen. Für dieses Jahr wird mit 200.000 Asylbewerbern in Deutschland gerechnet. Auch aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina stieg die Zahl der Flüchtlinge. Ein Asylantrag hat aber in aller Regel keinen Erfolg, weil nicht von politischer Verfolgung ausgegangen wird.

Zuvor hatte die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, bestätigt, dass die Bundesregierung einen Drei-Punkte-Plan vorgelegt hat, der Verbesserungen für die Lage der Flüchtlinge in Deutschland vorsieht und die Grünen dazu bewegen soll, dem Vorhaben zuzustimmen, Flüchtlinge aus den Ländern Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina schneller abzuschieben. Göring-Eckardt hatte zunächst aber offen gelassen, ob ihrer Partei das Entgegenkommen von Union und SPD ausreicht. Die Grünen-Europa-Abgeordnete Ska Keller hatte sich im Deutschlandradio Kultur dafür ausgesprochen, den Gesetzentwurf abzulehnen. Verfolgung und Fluchtgründe gebe es nicht nur in Kriegsländern. Auf dem Balkan könnten Roma nicht sicher leben, die dort starken Diskriminierungen ausgesetzt seien. Agenturen/nd

Zuletzt geändert am: Sep 19 2014 um 1:52 PM

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