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Bremerhaven nicht Ziel eines Waffenfrachters aus Saudi Arabien?

Veröffentlicht von Friedensrat (admin) am Jun 11 2019
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Die Skandalfrachter aus Saudi-Arabien und ihre tödliche Fracht

Frachter der saudischen Schifffahrtslinie Bahri transportieren Waffen für das Königreich. Ihre Hafenanläufe lösten eine Serie von Protesten in Frankreich und Italien aus. Jetzt sollte ein Bahri-Frachter in Bremerhaven anlegen – änderte aber mitten im Atlantik den Kurs.

Containerhafen Bremerhaven
 

Hier sollte ein Frachter der saudischen Schifffahrtslinie Bahri ursprünglich anlegen: der Containerhafen in Bremerhaven

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Es ist eine in Deutschland gern gehegte Legende: Angeblich kümmern sich die Menschen in Nachbarländern wie Frankreich und Italien viel weniger als Bürger hierzulande, wenn Waffen in kriegführende Länder wie Saudi-Arabien exportiert werden. Doch Anfang Mai ließ sich verfolgen, dass das Gegenteil wahr ist. Nach Berichten über die geplante Verschiffung von Waffen für Saudi-Arabien protestierten in Frankreich wie Italien nicht nur Menschenrechtsorganisationen, sondern auch Hafenarbeiter gegen die Verladung von Rüstungsgütern.

Es ging um Frachter der teilstaatlichen saudischen Schiffahrtslinie Bahri. Sie steht seit einigen Wochen unter Beobachtung von Menschenrechtsorganisationen und Journalisten in halb Europa. Ein Roro-Schiff der Gesellschaft – die "Bahri Jazan" – sollte am Samstag, dem 15. Juni, erstmals seit Beginn der Debatte in Deutschland anlegen. Genauer: in Bremerhaven. So sagten es noch am Freitag die Transponderdaten des Schiffs, wie man sie auf Trackingseiten abrufen kann. Doch am Sonntag änderte das Schiff mitten im Atlantik seine Fahrtrichtung und sein Fahrtziel. Geplant ist nun ein Einlaufen im italienischen Genua am 17. Juni.

 

Protestwelle gegen Bahri-Frachter

Zuvor hatten Journalisten und Aktivisten auf Twitter den geplanten Besuch in Bremerhaven vermeldet. Die Protestwelle gegen die Bahri-Frachter begann bereits Anfang Mai mit einem Bericht des französischen Recherchebüros Disclose. Demnach sollten damals im Hafen von Le Havre in Nordfrankreich acht Haubitzen des Typs Caesar des Herstellers Nexter an Bord des Frachtschiffs "Bahri Yanbu" genommen werden. Caesar-Geschütze auf aus Deutschland stammenden Unimog-Fahrgestellen von Daimler setzt die saudische Armee an der Grenze zum Jemen ein und beschießt seit Beginn des dortigen Bürgerkriegs offenkundig auch Ziele im  Nachbarland; das hatte bereits das Rechercheprojekt #GermanArms unter Beteiligung des stern Ende Februar gezeigt. Im  April machte Disclose eine vertrauliche Analyse des französischen Militärgeheimdienstes publik. Demnach sind innerhalb der 38 Kilometer Reichweite der Caesar-Haubitzen auch tausende Zivilisten im Jemen unter den möglichen Opfern.

Sollten die Saudis trotzdem acht weitere der Geschütze des Herstellers Nexter bekommen, der vor vier Jahren mit dem deutschen Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann fusioniert hatte? Eine französische Menschenrechtsorganisation versuchte das mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung zu stoppen. Das Frachtschiff "Bahri Yanbu" fuhr gar nicht erst in den Hafen von Le Havre ein, sondern setzte seine Fahrt durch den Atlantik und das Mittelmeer fort.

Hafenbarbeiter in Genua verweigerten Verladung

Wie der belgische Zoll bestätigte , hatte die "Bahri Yanbu" kurz zuvor in Antwerpen Waffen des Herstellers FN Herstal aus der Nähe von Lüttich an Bord genommen. Als das Schiff am 20. Mai im italienischen Genua ankam, kam es erneut zu Protesten. Dort weigerten sich die Hafenarbeiter , für die saudische Nationalgarde bestimmte Elektrogeneratoren zu verladen.

Wenige Tage später kam das Schwesterschiff "Bahri Tabuk" im französischen Marseille an. Laut Disclose sollte hier auch Munition des Herstellers Eurenco geladen werden, bestimmt für die Caesar-Haubitzen. Die Schiffahrtsgesellschaft ließ das dementieren. Es gehe nur um Elektrogeneratoren von Siemens. Die Organisation Amnesty International Frankreich sprach dennoch von einem "Schiff der Schande".

Auch in der französischen Hafenstadt bekräftigten Hafenarbeiter, sie hätten nur zivile Waren, aber keine Rüstungsgüter verladen. Man werde "in keinem Fall" Waffen verladen, die in einem Krieg eingesetzt werden könnten, sagte ein Funktionär der  Gewerkschaft CGT .

Entgegen der ursprünglichen Ankündigung legte die "Bahri Tabuk" nach dem Auslaufen in Marseille einen überraschenden Zwischenstopp in Cagliari auf Sardinien ein. Im gut 50 Kilometer von Cagliari entfernten sardischen Ort Domusnovas produziert die Rheinmetall-Tochter RWM Italia seit Jahren Bomben, die dann auch im Jemen-Krieg eingesetzt wurden. Nach Recherchen der italienischen NGO Rete per il Disarmo sollen am 31. Mai 2019 in der Tat Container mit Waffen von RWM Italia auf die "Bahri Tabuk" verladen worden sein. Stimmt das? Die Rheinmetall-Zentrale in Düsseldorf ließ Fragen des stern dazu unbeantwortet.

Kritische deutsche Debatte über Rüstungsexporte "kein Sonderfall in Europa"

Die Grünen-Abgeordnete und Abrüstungsexpertin Katja Keul war von den Protesten der Arbeiter in Italien und Frankreich beeindruckt: "Das ist ziviler Protest, wie wir ihn bisher nicht kennen", sagte sie dem stern: „Es zeigt, dass die kritische deutsche Debatte über Rüstungsexporte kein Sonderfall in Europa ist."

"Bahri Yanbu" wie "Bahri Tabuk" gehören zu einer Flotte von insgesamt sechs 225 Meter langen Roro-Frachtschiffen der Gesellschaft Bahri. Die Schifffahrtslinie wurde 1978 durch königliches Dekret gegründet. Fast alle der sechs Frachter waren in den Jahren seit Beginn des Jemen-Kriegs bereits einmal oder mehrfach in Cagliari – so auch die "Bahri Jazan", die jetzt in Bremerhaven erwartet worden war, aber nun ihren Kurs änderte. Die Hafenanläufe in Cagliari finden sich zum Beispiel in Daten der Rostocker Trackingseite Fleetmon , die der stern ausgewertet hat. Bremerhaven zählt ebenfalls häufiger zu dem Zielen der Bahri-Schiffe . Über die Fracht, die jetzt in dem Nordseehafen an Bord genommen werden sollte, ist nichts bekannt. Bahri ließ Fragen des stern unbeantwortet.

https://www.stern.de/politik/frachtschiffe-aus-saudi-arabien-transportieren-waffen-fuer-den-jemen-krieg-8748756.html

 

 

Zuletzt geändert am: Jun 12 2019 um 1:35 PM

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