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Waffenhändler sind die grösste Mafia

Veröffentlicht von Friedensrat (admin) am Sep 18 2013
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»Waffenhändler sind die größte Mafia«

Generelle Kritik an Rüstungsgeschäften notwendig: Nicht nur der Einsatz von Chemiewaffen, schon deren Produktion ist ein Verbrechen. Ein Gespräch mit Gregorius III. Laham

Interview: Karin Leukefeld, Damaskus
Gregorius III. Laham ist der Patriarch von Antiochien und dem Ganzen Orient, von Alexandrien und von Jerusalem. Er ist der höchste katholische Würdenträger im Nahen und Mittleren Osten mit Amtssitz in Damaskus.

Nach einer unmittelbar bevorstehenden US-Intervention scheinen sich nun wieder Türen zum Dialog geöffnet zu haben. Sie reisen an diesem Mittwoch zu Gesprächen mit den Vereinten Nationen nach Genf. Sind Sie optimistisch?

Der Aufruf des Papstes für Syrien und das große Friedensgebet in Rom machen mir Hoffnungen. In der ganzen Welt haben Millionen für Frieden in Syrien, für Frieden im Nahen Osten, für Frieden in Palästina gebetet, das ist einmalig. Vorher hatten schon die Ereignisse in Maalula die Aufmerksamkeit der Welt wieder auf Syrien gelenkt.

Die Aufständischen hatten in der Stadt nordöstlich von Damaskus am 4. September einen Angriff gestartet, am 13. September konnten sie wieder vertrieben werden …

Alle Christen aus dem Nahen Osten und so viele Christen aus der ganzen Welt haben in der Vergangenheit Maalula besucht. Auch Muslime und Gläubige anderer Religionen, alle sind dorthin gekommen, wenn sie Syrien besucht haben. Das alles hat diese wunderbare Wende herbeigeführt.

Die Initiative Rußlands zur Offenlegung, Kontrolle und Vernichtung des syrischen Chemiewaffenbestandes hat ja auch eine wesentliche Rolle gespielt, die zugespitzte Lage zu entschärfen.

Das ist vollkommen richtig. Die Einigung von Rußland und Syrien über den Umgang mit den chemischen Waffen ist natürlich ein ganz wichtiger politischer Auslöser für die Wende. Wichtig ist vor allem, daß sie nicht nur bereit sind, die Waffen unter internationale Kontrolle zu stellen, sondern sie zu vernichten. Es ist gut für Syrien, sich denen anzuschließen, die weltweit gegen diese Massenvernichtungswaffen sind. Aber wir müssen auch fragen, woher diese Waffen kommen und warum es sie gibt. Wer hat sie produziert und warum? Ich nenne hier gar keine Namen, sondern ich will auf das Tragische hinweisen, daß solche Waffen überhaupt entstanden sind. Daß Menschen an solche Waffen überhaupt denken! Woher kommt das?

Über die größten Chemiewaffenbestände verfügen noch immer die USA und Rußland ...

Der Papst hat deutlich gemacht, daß es nicht nur darum geht, die chemischen Waffen zu verurteilen. Man müsse fragen, warum sie entwickelt und produziert werden, man müsse das Waffengeschäft als solches kritisieren. Die Waffenhändler sind die größte Mafia. Diejenigen, die Waffen entwickeln und produzieren, die damit ein gewaltiges Geschäft machen, sie tragen die Verantwortung für den Krieg. Natürlich sind auch diejenigen verantwortlich, die die Waffen verkaufen, kaufen und schließlich die, die sie einsetzen. Es gibt eine ganze Kette von Verantwortlichen. Ich hoffe, daß es jetzt mit der Wende zu Syrien weltweit einen Aufschrei gegen diese Rüstungshändler gibt.

Wie stellt sich diese Wende zu Syrien dar? Woran läßt sich diese erkennen?

Wissen Sie, wir haben hier sehr schwere Tage erlebt. Die Menschen, die Kinder, alle hier lebten unter einer schweren Last und mit der Angst, daß Amerika Syrien angreift. Als Leute hörten, in 48 Stunden wird angegriffen, sind sie einfach fortgelaufen. Von uns Christen kann ich sagen: Nachdem wir diese Drohungen gehört hatten, sind an einem Tag 13.000 Menschen in den Libanon gefahren. Die Menschen sind nach Jordanien, in den Irak, in die Türkei geflohen, Hauptsache weg. Die USA sind ein großer Staat, sie können nicht einfach so daher reden. Wenn Amerika spricht, muß es das ehrlich und verantwortungsvoll tun. Aber die Leute einfach zu bedrohen, das ist unverantwortlich. Wenn ein Mann wie Obama spricht, ist das etwas anderes, als wenn ein Arbeiter hier auf der Straße etwas sagt. Ich sage ihm, er muß denken und er muß beten, bevor er so etwas macht. Diese Bedrohung ist eine Sünde, und sie ist kriminell.

Sind die Menschen denn nun, nachdem der Angriff ausblieb, zurückgekehrt?

Etwa die Hälfte der ausgereisten Menschen kam zurück. Doch sie haben sich von dieser Bedrohung noch nicht erholt. Selbst Angehörige von mir wollen Syrien verlassen. Europa will die Christen in Syrien schützen, danke schön! Sie können uns am besten schützen, indem sie uns solche Bedrohungen und solche Krisen ersparen. Von 1948 bis heute haben wir 20 verschiedene Krisen erlebt. Und jedes Mal gab es eine Auswanderungswelle von Christen. Wenn Europa uns solche Krisen erspart, werden wir natürlich hier bleiben. Frankreich und England bedrohen uns jeden Tag. Das verunsichert und schwächt die Menschen hier. Jedes Kind, jede Familie hat Angst. Im Land ist Chaos, Menschen werden entführt, Menschen werden getötet, ihre Häuser und Wohnungen werden zerstört, wir leben in einer Atmosphäre von Angst. Die Großmächte müssen die Folgen ihrer Drohungen bedenken.

 

www.jungewelt.de/2013/09-18/056.php

Zuletzt geändert am: Sep 18 2013 um 5:13 PM

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